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Geschichte der Gründer (Harry Potter)
Lilly und James (Harry Potter)

Die Gründer

 

Kapitel I

Wir schreiben das Jahr 996. Ein Krieg zwischen den Germanen und Brittanien wütet, an der Spitze König Artus und das Christentum will den alten Glauben der Kelten verdrängen, doch all dies hat keine Bedeutung...jedenfalls nicht für mich.

Einsam schlenderte ich durch die staubigen Straßen von Londinum, nickte lächelnd ab und zu einigen der Menschen der Stadt zu, die mich als hilfsbereite, nette Svenja, einem jungen Mächen aus den Nordosten eines anderen Landes, kannten. Mit meinen Schritten bewegten sich auch meine Hüften taktvoll und elegant, ebenfalls meine schwarzen, hüftlangen Haare, die zu einem strengen Zopf gebunden waren, so, wie es sich für ein keusches Mädchen dieser Zeit gehörte. Beim Gehen strich ich mein dunkelgrünes Kleid, das ein wenig meine Schultern und meinen Rücken entblößte, glatt und ich richtete ebenso den silbernen Gürtel mit einem grünem Stein an der Schnalle.

Als ich endlich die einfache, von einem Pferd gezogene Kutsche entdeckte, begrüßte ich mit einem weitern freundlichen Nicken den Kutscher, der mich schon länger kannte, und stieg ein. Jeden einfachen Menschen würde es überraschen, dass eine so kleine Kutsche im Inneren einen großen Tisch und sechs Stühle fassen konnte, doch ich war kein gewöhlicher Mensch.

"Ah, ich grüße Euch, Lady Sabanzia. Endlich seid auch Ihr anwesend"

Der letzte Satz beinhaltete keine Anklage, er war bloß eine einfache Feststellung.

Immer noch lächelte ich und betrachtete voller Ehrfurcht den vor mir stehenden jungen Mann mit den kurzen braunen Haaren und den fesselnden, grauen Augen. Mein Blick schweifte weiter in der Kutsche umher und ich sah zwei andere junge Frauen weiter abseits stehend, sich heftigst unterhaltend. Die eine, etwas stärker gebaute, besaß kurze feuerrote Locken und freundliche braune Augen und die andere, die sehr dünn und abgemagert wirkte hatte schulterlange weißblonde Haaren und eisblauen Augen. Meinen Bruder saß wie gewöhnlich auf einem der Stühle am Tisch und brütete über einer Karte und einigen Pergamentblättern. Seine schwarzen, kinnlangen Haare hingen ihm Tief ins Gesicht und ich wusste, auch ohne ihn Anzusehen, dass sich auf seiner hohen Stirn, über den grünen Augen, eine große Falte gebildet hatte und das er nun mit den langen Finger an seinem kurzen Kinnbart zupfte. Doch nun blickte wieder den Mann vor mir an und begann lächelnd zu sprechen.

"Seid gegrüßt, Sir Godric. Verzeiht die Verspätung, ich musste...ich hatte noch einiges zu erledigen. Aber da ich nun hier bin, können wir aufbrechen oder irre ich mich? Für wen ist dieser sechste Stuhl, wenn ich Euch fragen darf?"

"Natürlich dürft ihr, my Lady", antwortete Godric Gryffindor schmeichelhaft, "Wie Ihr wisst werden wir zuerst von Londinium nach Cornwall reisen, um dort Merlin..."

"Wie werden Merlin treffen?!", unterbrach ich ihn mit begeisterter Stimme beim Sprechen und spürte, wie meine Wangen zu glühen anfingen, da ich viel zu vorlaut für eine Frau war.

"Ja, das werden wir. Ich dachte, dass Euch euer Bruder über unsere Pläne aufgeklärt hat", fuhr Sir Godric fort und scheinbar unbersah er meine Röte, doch als seine Mundwinkeln leicht zuckten und ich erkannte, dass er bloß aus Höflichkeit so tat, schienen meine Wangen nun zu brennen.

"Mein Bruder", sagte ich leicht verlegen und blickte zu Salazar hinüber, "hat mir nichts erzählt. Er hat mir legendlich heute Morgen einen Notiz hinterlassen, dass ich zu dieser Kutsche kommen soll. Ihr wisst ja, Sir Godric, wie er so ist. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich ihn wenigstens bei den Mahlzeiten sehen, wenn er endlich aus seinem staubigen Arbeitszimmer herauskommt"

Der junge Mann mir gegenüber lachte amüsiert auf.

"Nun, dann werde ich Euch während der Reise aufklären, Lady Sabanzia, und werde nun dem Kutscher bescheid sagen, dass er losfahren soll. Wenn Ihr mich einen Moment entschuldigt..."

Godric machte eine übertriebend Verbeugung mit vielen Handbewegungen, so dass es nun für mich Zeit wurde zu lachen und als er endlich mit diesen Albereinen geendet hatte, schritt er durch eine Wand. Zu meiner Verwunderung kam er einige Augenblicke später wieder aus der Wand heraus.

"Wir fahren nun. Der Kutscher hat gemeint, dass wir etwa drei Stunden benötigen werden, um Avalon zu erreichen, also etwas länger, als ich erwartet habe. Aber bitte setzt Euch doch, my Lady, dann erkläre ich Euch das, was Euch euer Bruder verschwiegen hat"

Mit einer Hand schob Godric einen Sessel mit einem Krazen des Stuhlbeins auf den Holzboden zurück, mit der anderen deutete er auf ihn, damit ich Platz nehmen konnte und das tat ich auch. Hastig setze er sich auf den Sessel neben mir und fuhr sich durch die kurzern, braunen Haare, welche eigentlich nicht der Mode entsprache, da die Männer zu dieser Zeit die Haare mindestens Kinn oder Schulterlang zu tragen pflegten. Ebenfalls besaß er keinen Bart, etwas, das missbilligende Blicke auf ihn zog, was ich schon öfters aus dem Fenster meiner kleinen Kammer in dem Haus von Salazar und mir beobachtete, wenn Godric und mein Bruder aus der Haustür traten, um durch die Straßen von Londinium zu schlendern und sich über Sachen, die ich, nach Meinungen der Männer, nicht verstand, zu unterhalten. Wie sie sich doch irren, diese männlichen Wesen, wenn sie ihre Thesen aufstellen und von Göttern sprechen, die sie nicht kennen!

Mein Blick wanderte wieder durch den Raum. Die beiden jungen Frauen sprachen weiter mit gedämpften Stimmen miteinander. Mein Bruder saß reglos da und nur seine Augen bewegten sich, während er las.

"My Lady? Wieso schweigt Ihr so lange?", fragte Godric und ich sah nun nur noch ihn an. Einige Herzschläge lang musterte ich noch seine grauen Augen, dann jedoch lächelte ich.

"Ich...ich habe bloß einen Moment lang nachgedacht. Drei Stunden bis nach Avalon in einer Kutsche, die von einem Pferd gezogen wird...es ist wirklich sehr schnell, unmöglich in einer einfachen Kutsche"

"Ja, aber Ihr seid ebenso ungewöhnlich wie diese Kutsche. Wir alle hier herinnen sind ungewöhnlich und deswegem sind wir ja auch auf dem Weg zu zu Merlin, wie Ihr nun wisst"

Langsam nickte ich. "Das ist mir schon klar, aber wer sind diese beiden anderen Frauen. Sind diese wirklich so wie wir?" Meine Stimme wurde leiser, fast zu einem Flüstern. "Auch so...so magisch?"

Ein breites Lächeln breitet sich auf Godrics Gesicht aus und wieder spürte ich, wie heiß meine Wangen wurde. Mich überkam das seltsame Gefühl, dass ich etwas falsches gesagt oder getan habe, doch abermals tat er so, als würde er es nicht bemerken.

"Ja , das sind sie. Die Lady mit den roten Locken trägt den Namen Helga Hufflepuff, die Lady mit den blonden, glatten Haaren heißt Rowena Ravenclaw"

So waren wir auf dem Weg nach Avalon zu Merlin. Helga Hufflepuff, Rowena Ravenclaw, Godric Gryffindor, Salazar Slytherin und ich, Sabanzia Slytherin.

 

Kapitel II

Die Fahrt mit der eigenartigen Kutsche dauerte eine Ewigkeit an, so erschien es mir jedenfalls. Da ich in diesem fensterlosen Raum fast zu ersticken glaubte und meine Augenlider immer weiter zufielen, konnte ich micht mit nichts anderem begnügen, als mit einem Gespräch mit Rowena Ravenclaw und Helga Hufflepuff, da Sir Godric sich mit meinem Bruder unterhielt.

Helga erschien mir, im gleichen Augenblick in dem wir uns begrüßt hatte, sehr zuverlässig und vertrauenswürdig, bei Rowena jedoch war es das Gegenteil. Die junge Frau starrte mich mit ihren kalten, eisblauen Augen gehässig an, doch ich wusste nicht, weshalb sie das tat.

Ich jedoch überspielte meine Nervosität mit einem scheinbar freundlichen Lächeln und zog eine Augenbraue hoch, um sie danach leicht erniedriegend anzusehen. Mein Blick erfüllte seinen Zweck, denn Rowena strich sich schnaubend mit den zierlichen Fingern ihr weißes, sehr keusches Kleid glatt, welches außer ihres Gesichts und ihrer Hände den ganzen Körper bedeckte und mit silbernen Stickereinen geschmückt war, was sie unnatürlich blass erscheinen ließ und sie warf mit einer Kopfbewegung die weißblonden Haare nach hinten, rümpfte ein letztes Mal die Nase, bevor sie sich neben Godric stellte, um auf eine Karte zu blicken, von der sie kaum etwas verstand, wie ich mit mit einem Schmunzeln überlegte.

Stark musste ich meine Lippen gegeneinander pressen, damit ich nicht belustigt auflachte, doch als Rowena mit Godric zu sprechen begann und ich meinen Namen verstehen konnte, drehte ich mich um.

"Weswegen ist Lady Rowena so plötzlich wütend geworden? Habt Ihr eine Erklärung?"

Helga blickte mich mit ihren kleinen braunen Murmeltieraugen an, falls man ihre Augen so beschreiben konnte, ohne die Frau zu beleidigen, und sie lächelte leicht nervös entgegen. Einige Herzschläge lang nahm ich mir Zeit, um sie genauer zu mustern und musste feststellen, dass sie ein ziemlich hübsches rundes Gesicht besaß mit einem großen Muttelmal neben ihrem rechten Auge, welches von ihren kurzen roten Locken umhüllt wurde. Außerdem strahlte sie eine gewisse Wärme aus, eine geradezu mütteliche Wärme und Geborgenheit, so dass man glaubte ihr seit der ersten Begegunung vertrauen zu könnte, was ich auch tat.

"Ich weiß leider es nicht, Lady Helga, ich weiß es wirklich nicht", antwortete ich auf ihre Frage einfach, aber gespielt verunsichert.

"Lassen wir doch solche Förmlichkeiten, wenn es dir Recht ist, Sabanzia..."

"Du sprachst über das, was ich dachte, denn Anreden stören die Freundschaft", unterbrach ich sie, doch Helga erschien keineswegs gekränkt, sondern lächelte nur freundlich.

"Wie recht du doch hast!", erwiderte sie darauf und wischte sich eine verirrte Locke aus den Gesicht, "Bitte erzähl mir doch von dir und wie du zu uns gestoßen bist!"

Leicht nickte ich, doch Unsicherheit breitete sich in meinem Magen aus. Ich verabscheute, nein ich hasste die Vergangenheit und wollte sie für ewig ruhen lassen, doch ich konnte nicht anders, als zu sprechen. Meine Lippen öffneten sich, meine Zunge bewegte sich, all dies von selbst.

"Meine Mutter ist bei der Geburt meines Bruders und mir gestorben und dies ist etwa zwanzig Jahre her. Eine lange..sehr lange Zeit. Mein Vater hat mir oft erzählt, dass ich das Ebenbild von ihr sei, doch was nützte mir das, wenn ich sie nie gekannt habe? Was nützen Worte, wenn sie bloß erzählen? Wenn man nichts miterlebt, dann versteht man auch nichts, das solltest du wissen, Helga"

Eine Weile sah ich meine neue Freundin an, doch sie nickte nur verständnisvoll und fuhr mir sanft mit ihrer Hand über meinen Unterarm. Ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen bildeten und schnell zwinkerte ich, um sie zu verscheuchen, was mir auch gelang, so erschien es mir jedenfalls.

"Im Alter von sieben Jahren wurden Salazar und ich von meinem Vater nach Lothian geschickt zu der Herrin des Sees, Morgause. Sie unterrichtete uns in allem, jedoch am meisten lehrte sie meinen Bruder und mich unsere magischen Fähigkeiten zu nutzen. Da sie selbst nur mächtig über die keltischen Zauber war, ließ sie einen Hexer rufen, der uns mit dem Umgang eines Zauberstabes vertraut machte. Doch vor vier Jahren, an Salazars und meinem Geburtstag, musste sie uns schweren Herzens mitteilen, dass mein Vater bei einer kleinen Straßenschlacht in Londinium durch Zufall ums Leben gekommen sei"

Wieder stockte ich und spürte, wie mir einige heiße Tränen über die Wangen liefen, die ich sofort mit meiner Hand wegwischte. Langsam atmete ich durch und es dauerte noch lange, bis ich wieder sprach, doch Helga ließ mir Zeit.

"Noch ein Jahr blieb ich bei Morgause, wärend Salazar nach Londinium zog, um dort nach den Mördern meines Vaters zu suchen. Morgause war wie eine zweite Mutter für mich gewesen und sie lehrte mich die Schwertkunst, sowie das Bogenschießen in diesem einen Jahr. Als es Zeit für mich wurde Salazar zu folgen, da sagte sie etwas, was ich bis jetzt nie vergessen habe, obwohl ich nicht verstand, was sie meinte. 'Mein Kind, meine liebste Svenja', so sprach sie und sie sagte immerzu Svenja zu mir. Nie nannte sie meinen wahren Namen, außer, wenn sie wirklich wütend gewesen ist. 'Ja, Lady Morgause?', hatte ich höflich gefragt. 'Du sollst eines wissen: Als ich dich lehrte, da wusste ich, dass du und dein Bruder nicht wie die gewöhnlichen Magier seid, nicht einmal so wie ich. Denn wir gebrauchen die Magie, während ihr Magie seid' Mit diesen Worten hatte sie mich an sich gedrückt, etwas, was sie mit keinem ihrer Schüler je gemacht hatte und ließ mich davonreiten. Damals wusste ich nicht, was diese Worte bedeutete und heute weiß ich es auch nicht"

Er war die reinste Wahrheit, die ich sprach und Helga blickte mich stirzrunzelnd an.

"Eigenartig", brachte die junge Frau heraus und ich lächelte sie an. Sie sollte sich nicht Gedanken über die Vergangenheit anderer machen, so hätte ich ihr gerate, wäre die Kutsche in diesem Moment nicht stehen geblieben.

Der Kutscher erschien aus einer der Wände und eine Tür bildete sich von selbst an einer Seite des Raumes. Schnell hastete der etwas ältere Kutsche und öffnete höflich die Tür und als ich aus der Kutsche heraustrat, war meine Überwältigung kaum zu bändigen.

Dies war also Avalon, die geheimnisvolle, aber doch so berühmte Stadt.

 

Kapitel III

Es war eigenartig diesen dunklen See, diesen dichten, scheinbar undurchdringlichen Nebel zu betrachten. Dies war Avalon...nein, dies war das Tor zu Avalon, denn wir mussten über den See, um zu der eigentlichen Stadt zu kommen.

"Folgt mir", waren die knappen Worte eines Fährmanns, der uns zu seinem Boot führte, und uns über diesen geheimnisvollen See führen sollte. Der Fährmann trug einen braunen Umhang und die Kapuze hin ihm tief in des Gesicht, so dass man bloß an der tiefen Stimme erkannte, dass dies ein Mann war.

Wir, damit sind Godric, Helga, Rowena, Salazar und ich gemeint, stiegen auf das kleine hölzerne Boot und mir wurde leicht unwohl, als ich auf dem schwankenden Boden stand.

Die Minuten, die wir fuhren, zogen sich langsam dahin, als würden wir Stunden dasitzen, so erschien es mir, und ich starrte in Gedanken versunken in die weiße Masse des Nebels hinein. Die Augenlider fielen mir zu, denn inzwischen war es schon sehr spät, obwohl ich noch einen leichten Rotschimmer am Himmel erkennen konnte, was bedeuten musste, dass die Sonne noch nicht ganz untergegangen war. Monotones Gemurmel mischte sich in die Stille und ich sah auf. Avalon!

Die Mauern einer Burg erstrahlten in einem strahlenden Weiß, dass ich kaum in Worte fassen konnte und die untergehende Sonne im Hindergrund der Burg...der Anblick war unbeschreiblich! Die Stadt Avalon bestand aus einer Insel, auf der sich eine Burg mit vier schmalen Türmen befand, die in den Himmel zu wachsen schienen. Das Tor allein war mönströs und ich schätze dass es so hoch war wie fünf ausgewachsene Männer. Doch die Tatsache, dass sich auf der Insel kein Nebel erfand, brachte mich in großes Erstauen.

"Wunderschön...", hauchte Godric neben mir und ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, denn er hätte Avalon nicht beschreiben können.

"Seid gegrüßt, große Vier! Ich, Merlin heiße euch in Avalon willkommen!"

Merlin entsprach meinen Vorstellungen gänzlich: Er war hochgewachser Mann, mit weißen Haar und einem ebenso weißen Bart und beides war so lang, so dass er es hätte in seinen Gürtel spannen können, hätte er einen besessen, denn er trug eine lange graue Robe, in der er sehr abgemagert wirkte. Sein Gesicht war voller Falten, er hatte eine großes Adlernase, doch er strahlte eine gewisse Freundlichkeit aus.

Die blauen Augen des Zauberes musterten jeden einzelnen von uns, doch als er mich ansah weiteten sie sich und eine große Falte bildete sich auf seiner Stirn. Einen der Gefolgsleuten winkte er zu sich und begann hastig zu murmeln, dann deutete Merlin mit seinem langen, dürren Kinn auf mich und als der Diener mit einem knappen Nicken verschwand, fühlte ich mich höchst unwohl.

"Ich wusste von Anfang an, dass sie uns bloß Probleme bereiten wird...", hörte ich Rowena mit einem widerwärtigen Ton Godric zuflüstern, doch als dieser scheinbar teilnahmslos mit den Schultern zuckte, fühlte ich mich wieder um einiges besser.

Die Sonne ist schon fast hinter dem Horizont versunken, als der Diener mit einer Frau zurückkam und als ich erkannte, wer diese Frau war, schrie ich vor Glück überströmt aus.

"Lady Morgause?!"

"Svenja, ach nein...Lady Sabanzia, entschuldigt...", erwiderte meine Lehrmeisterin lachend und als sie auf mich zukam, umarmet sie mich so glücklich, dass ich es kaum zu fassen vermochte. Ich hörte, wie jemand verächtlich schaubte, zu aller aller Wahrscheinlichkeit war dies Rowena, aber Morgause ließ sich bei der Begrüßung nicht stören.

Erst das nervöse Räuspern Merlis brachte sie, mich loszulassen und der Zauberer begann abermals zu sprechen.

"Nun, die Dienerschaft wird euch vorerst eure Schlafräume zeige, wo euch jeweils ein Diener oder eine Dienerin zur Verfügung gestellt ist. Morgen Abend ist der eigentliche Empfang, also besitz ihr einen Tag Zeit, um euch von der Reise auszuruhen. Dingen wie Kleidung und Essen sind in den Schlafräumen vorhande, sowie Abendroben für den Empfang. Alles weitere werdet ihr von der Dienerschaft erfahren. Eine erholsame Nacht wünsche ich euch"

Merlin wirkte die ganze Zeit über sehr angespannt und immer wieder sah er zu mir herüber, als ob ich der Grund wäre, was aus zu stimmen schien.

"Lady Sabanzia...?", fragte höflich ein Mädchen, das kaum älter als fünfzehn Jahre alt zu sein schien, "Mein Name ist Vaalin...und ich werde Eure Dienerin für die Zeit, die Ihr auf Avalon verbringt, sein. Wenn Ihr mir nun folgen möget...ich werde Euch Euer Schlafgemach zeigen..."

Vaalin ging langsamen Schrittes durch das riesige Tor, das nun in den Schatten der Nacht nicht grau und stumpf erschien, sondern immer noch weiß strahlte, wie die übrige Burg, und ich schlenderte dem Mädchen müde hinterher. Kaum beachtete ich die weiße Gegend um mich herum, denn die Müdigkeit ließ mich nichts wahrnehmen, doch eines nahm ich war:

Während Helga, Godric, Rowenda und mein Brunder jeweils zu einem der vier Türme geführt wurden, brachte mich Vaalin in einen anderen Teil der Burg.

"Ich habe reichlich überlegt, bis ich zu dem Entschluss gekommen bin, dass du nicht in einem der Türme verweilen darfst" Es war Morgause. "Die Magie der Vier allein ist seltsam, doch du..." Ich sah sie lächeln, doch es war nicht das Lächeln, wie vor einigen Jahren. Meine Lehrmeisterin schien in den letzen Jahren sehr gealtert zu sein, denn große Falten nahmen in ihrem, damals so wunderschönem Gesicht, Platz und einige silberne Strähnen hatten sich in das braunschwarze Haare verirrt.

"Was meint Ihr damit, Lady Morgause?", fragte ich ein wenig verunsichert.

"Du, mein Kind, du warst eine Schülerin, die ich noch nie zuvor gelehrt hatte. Du warst wissbegierig und lernstes schnell, ob es nun Schwertkunst war oder die Lehre der Magie. Dies war etwas wundervolles, aber nicht das einzige, was...was dich so besonders machte"

"Was war es dann?" Ich runzelte die verwirrt die Stirn.

"Du bist einfach anders, Svenja. Wie die großen Vier, doch in einer Gestalt vereint..."

"Diese großen Vier...wer...was hat das zu bedeuten? Wieso bin ich hier und wozu? Bitte erklärt es mir, Lady Morgause!", flehte ich, aber ich erhielt keine Antwort.

"Lady Sabanzia...Euer Schlafgemach...", sagte Vaalin verunsicher und strich sich eine braune Strähne aus ihrem Gesicht, wie ich bemerkte.

"Sehr gut, Vaalin, du kannst nun gehen. Ich denken, nein ich hoffe, dass sich Lady Sabanzia alleine zurechtfindet", erklärte Morgause mit einer seltsamen steifheit in der Stimme, denn für sie war das Gespräch beendet und so ging sie.

Als ich allein vor der großen weißen Türes meines Gemachs stand, fröstelte es mich und ich rieb mir meine Hände, doch mir war nicht kalt. Ich war verwirrt und verunsichert.

Langsam trat ich in meinen Schlafraum ein, wo einige Kerzen schon brannten und ich konnte mich in Ruhe umsehen. Ein riesiges Himmelbett mit einem hellgrünen Bezug stand dort, ein hölzener Schrank, sowie ein hölzerner Tisch mit einigen, weichen Sesseln, bezogen mit dem gleichen Stoff, wie auch das Bett. Ein dunkelgrüner Teppich breite sich über den ganzen Boden des Raumes aus und auch eine Tür konnte ich entdecken. Als in in den Nebenraum eintrat, sah ich dort in tief den Stein gemeißelt eine Wanne, die zu meiner großen enttäuschung leer war. Ein heißes Bad wäre sicher angenehm gewesen, doch ich entschloss morgen vor den Empfang Vaalin bitten, mir ein Bad vorzubereiten.

Wieder betrat ich mein Schlafgemach, zog mich aus und suchte ein Nachthemd aus den Kasten. Endlich fiel ich müde in mein Bett, nicht ohne an Morgause seltsame Worte zu denken, aber letztendlich übermannte mich der Schlaf.

 

Kapitel IV

Die langen zierlichen Finger Vaalins führten den Kamm durch meine Haare und ich schloss die Augen, um es zu genießen, den niemals im Leben wurde ich so bedient.

In aller Frühe, bei Sonnenaufgang, hatte mich Vaalin schon geweckt und mir ein Frühstück aus Brot, Käse und Früchten gebracht. Während ich aß, füllte sie ohne Aufforderung die große Wanne mit heißem Wasser und ich freute mich besonders auf das Baden. Als ich mit meiner Körperpflege ferig war, half sie mir mich anzuziehen, denn das smaragdgrüne Kleid, welches man von knapp über der Hüfte bis zu den Schultern hinauf kompliziert schnüren musste, damit die nackte Haut des Rückes nicht zu aufdringlich erschien, machte mir zu schaffen. Letztendlich hatte Vaalin auch dies erledigt und nun begann sie mein Haar zu verschönern.

Während sie das tat, bewegten sich meine Augen in dem Schlafgemach umher und mir fiel etwas auf, was ich am Abend kaum bemerkt habe: Die Gegenstände im Raum waren überwiegend grün oder braun und auch die vielen Kleider waren in allen Grüntönen vertreten.

"My Lady...?", hörte ich Vaalin schüchtern fragen und sie reichte mir einen Spiegel. Als ich mich betrachtete, musste ich leicht lächeln, denn dies, was das junge Mädchen aus meinen Haaren gemacht hatte, war umwerfend. Sie hatte mein schwarzes Haar zu einem hohen Knoten gesteckt, aus welchem einige Strähnen herausfielen, und einige smaragdgrünen Federn hatte sie mit den Haaren versponnen.

"Bei allen Göttern...", fing ich an, um sie zu loben, doch das Mädchen sog scharf Luft ein, als ich erst begann. "Was hast du Vaalin? Es sieht einfach wunderschön aus und..." Ich brach ab.

"Ihr solltet hier nicht über die Götter sprechen, My Lady. Ihr wisst sicher, dass die Priesterinnen der Schwesterschaft Avalons nur eine Göttin anpreisen" Vaalin sah mich mit ihren geweiteten Augen an. Ich musste lächeln, als ich erkannte, dass eines ihrer Augen grün, das andere jedoch blau war und ich bemerkte, dass sie ihr langes, hellbraunes Haar mit einem strengen Zopf gebändigt hat.

Als Vaalin jedoch meinen ratlosen Gesichtsausdruch sah, seuftze sie und schüttlete traurig den Kopf. "Ihr müsst sofort mit der Oberen Priesterin...ich meine Lady Morgause...sprechen. Hast sie Euch nie über Avalon erzählt, Lady Sabanzia?"

Einige Lidschläge lang überlegte ich. Lady Morgause hatte mir nie viel über Avalon erzählt, obwohl ich sie oft danach gefragt habe, doch sie hatte immerzu bloß "Wenn die Zeit reif ich, Svenja, wirst du alles erfahren" geantwortet. So verneinte ich Vaalins Frage und bat sie, mich zu meiner Lehrmeisterin zu führen.

Das junge Mädchen nickte nun einfrig und ging vorraus, ich folgte ihr. Es dauerte nicht lange, bis wir vor Lady Morgauses Gemach eintrafen, doch als ich aufgeregte Stimmen aus dem Inneren vernahm, blieb ich stehen.

"Vaalin", flüsterte ich, "Geh nun. Ich werde alleine zurecht kommen" Meine Dienerin nickte abermals gehorsam, wenn auch wiederwillig und tat, was ihr geheißen war.

Langsam trat ich näher an die Tür heran und lauschte voller Spannung.

"...ich habe dir gesagt, dass du sie nicht kommen soll! Weshalb hast du sie ohne mein Wissen herbringen lassen?!" Eine tiefe Stimme sprach laut und sie schien von Merlin zu stammen.

"Das muss dich überhaupt nichts angehen, Merlin. Es ist ganz allein meine Angelegenheit" Lady Morgause war nun am Wort und ihre Stimme klang entschlossen.

"Deine Angelegenheit?" Merlin lachte bitter auf. "Ich soll doch die großen Vier unterreichen und wie wir beide wissen, bin ich nicht freiwillig auf dieser verfluchten Burg, um dies zu tun!"

"Wie kannst du bloß so über Avalon sprechen?! Diese Burg ist ein heiliger Ort...und die großen Vier sind nicht umsonst hierher berufen worden. Ebensowenig du!"

"Ach wirklich? Nenne mir nur eine Person, die mich hindert zu gehen!"

"Ich!" Morgauses Stimme war nun sehr zornig.

"Eine Person, die mich zu hindern vermag und auch meiner würdig ist. Das bist du nicht und auch die großen Vier überschätzt du"

"Vielleicht...aber ich überschätze nicht Svenja!"

"Svenja?!" Wieder lachte Merlin, doch diesmal war es ein seltsames, zittriges Lachen. "Sabanzia Slytherin ist würdig gegen einen Mistkäfer anzutreten und ich bezweifle, dass sie den Käfer mit ihren...magischen Kräften, wie du meinst...überhaupt von seinem Platzt bewegen könnte"

Ich schnaubte laut, doch ich versuchte mich zu beruhigen und lauschte weiter das Gespräch. Mein Körper zitterte vor Wut und Anspannung.

"Du weißt nicht, wovon du spricht, Merlin, du alter Narr! Svenja wird der Schwesterschaft beitreten und danach werde ich dir zeigen, Druide, was für Kräfte in einer Dienerin der Göttin schlummern"

"Ich freue mich schon darauf" Verächtlich lachend hörte ich die schweren Schritte des Zauberers auf die Tür zukommen. Hastig blickte ich mich nach einem Versteck um und fand auch ein geeignetes. Eine Nische, wovor eine Statue stand. Ohne noch Zeit zu verlieren rannte ich zu der Nische, lehnte meinen Körper, der heiß vor Wut und Aufregung geworden ist, gegen die kühle Steinwand und verweilte dort, bis Merlins Schritte verebbten. Mit einem erleichterten Seuftzer trat ich hinter der Statue hervor und ging auf Morgauses Gemachtür zu, die halboffen war. Als ich meine Lehrmeisterin vor dem Fenster stehend sah, wie sie so abwesend in die Ferne starrte, wusste ich, dass nun ein schlechter Augenblick für einen Besuch war.

Als es Abend wurde, führe mich Vaalin zu der Halle, in welcher der Empfang statt finden sollte. Dort wartete Morgause auf mich und brachte mich mit einem kurzen Wort der Begrüßung zu meinem Platz, auf dem ich sofort Platz nahm.

Der Empfangssaal war so überwältigend, dass ich kaum zu verstehen vermochte, wie ein solch großer Saal so reich verziert werden konnte. Im dem weißen Raum standen fünf sehr große hölzerne Tische. An einem Tisch saßen Frauen mit hellen, fliederfarbenen Roben, an dem zweiten Frauen mir weißen, an dem dritten Männer mir graublauen und an dem vierten Tisch Männer mit grauen. An dem fünften Tisch saß Morgause, die auch eine weiße Robe trug, doch ihre war mit silbernen Fäden verziert, Merlin, ein anderer, alter Mann in einer grauen Robe, ebenfalls so verziert wie Morgauses, und ich. Nur noch vier Stühle standen leer und ich vermutete, wem sie gehörten.

"Schwestern, Druiden, Gäste" Morgause hatte sich erhoben und zu sprechen begonnen. "Wir alle warten auf die großen Vier und ich freue mich, sie bei uns, in Avalon, begrüßen zu dürfen"

Die Männer und Frauen, ja sogar Merlin, klatschten begeister, als eine große, siberne Tür geöffnet wurde, durch die Gordic, Helga, Rowena und mein Bruder eintraten. Ich wunderte mich, weshalb die Menschen hier im Saal so begeistert von ihnen waren, ich wusste nicht, wer überhaupt diese Meschen waren, ich kannte den Grund meines Verbleibs in Avalon nicht, ich verstand Merlins Zorn nicht. So saß ich da, klatschte ebenfalls und sah abwesend auf meinen silbernen Teller. So allein kam ich mir vor, in dieser Menschenmenge.

Was hat es mit diesen großen Vier auf sich?

 

Kapitel V

Zehn Tage. Zehn lange Tage befand ich mich auf Avalon und vertrieb mir die Zeit mit unnützen Dingen, während Salazar, Helga, Godric und Rowena anscheinend sehr beschäftig waren, denn ich bekam keinen von ihnen seid der Empfangszeremonie zu Gesicht.

Ratlos spazierte ich im Innenhof, dem Garten, der Burg umher, um nachzudenken. Die Vielzahl von Blumen, Büschen und Bäume, ihre schöne Andordung und die Ruhe, welche dieser Ort ausstrahlte taten meinen Augen und auch meiner Seele gut, doch ich war unwissend. Noch immer hatte mich niemand aufgeklärt, weshalb ich hier sei, aber nun beschloss ich, dem ein Ende zu setzten.

"Vaalin?!", rief ich in die Stille und schon hastete meine junge Dienerin, die mir in den letzten Tagen zu einer wahren Freudin geworden war, mit ihrem tatelosem, langen Zopf, der beim Laufen in die Luft erhob, herbei.

"My Lady? Was wünscht Ihr?", fragte Vaalin ein wenig lächelnd und ich wunderte mich, wie schon oft, wie sie mit ihrer eingelernten Höflichkeit so freundlich wirken konnte.

"Komm, setzen wir uns", sagte ich nur und wir schritten über den erdigen Weg zwischen den Blumenbeeten zu einer hölzernen Bank. Langsam öffnete ich meinen Mund, doch dann seuftze ich und schüttelte den Kopf.

"Sprecht nur, my Lady", forderte mich das Mädchen auf und blinzelte. Ihre Augen faszinierten mich abermals.

"Kannst du Stillschweigen bewahren, wenn ich dich etwas frage oder etwas erzähle? Kannst du mir alles beantworten, was ich auch wissen möchte, Vaalin, auch wenn dir verboten wurde, darüber zu sprechen?" Ich wusste, dass ich solche Forderungen auszusprechen nicht einmal wagen durfte und deshalb fügte ich schnell hinzu:"Falls du es tuts, falls, denn es ist mir bekannt, dass du dich dadurch in Schwierigkeiten begibst, dann kannst du ebenso mein völliges Vertrauen nutzen. Alles, was wir besprechen bleibt unter uns und wenn mich jemand fragt, so weiß ich von nichts"

Vaalin schwieg eine Weile und mein Blick wandertete über den Garten. Bloß ein alter Gärtner befand sich auf der anderen Seite des Innenhofs und mühte sich mit den Büschen ab, aber dieser würde uns werde belauschen wollen, noch hören können.

"Wenn Ihr es mir befehlt, my Lady, so werde ich schweigen", sagte meine Dienerin und ich konnte den Tonfall nicht bestimmen, denn ihre Stimme klang nicht vorwurfsvoll oder begeistert. Sie war völlig eintönig. Dann jedoch seuftze Vaalin. "Ich kann...nein ich darf euch nichts erzählen, über das mir zu sprechen verboten wurde und dieser Befehl ist nur zurecht. Es tut mir Leid, my Lady, aber die Obere Priesterin hat mehr Macht über alle auf Avalon als Merlin. Fragt Lady Morgause, wenn Ihr etwas wissen wollt, doch ich kann euch nicht helfen, so sehr ich es auch begehre. Oft sehe ich Euch traurig gestimmt und ich würde Euch gerne aufheitern"

Leicht nickte ich und Vaalin strich mir mitfühlend über meine Hand, aber ich brauchte mein Mitleid.

"Wann kann ich mit Lady Morgause sprechen?", fragte ich, denn neue Hoffnung keimte in mir auf. Der Oberen Priesterin, wie sie genannt wurde, war ich so nah, wie ihr eigenes Kinde und wenn ich mit ihr sprechen würde, so würde ich auch alles erfahren.

"Noch früh genug, denn sie hat mir aufgetragen, Euch zu ihr zu bringen, damit Ihr heute bei ihr zu Abend essen könnt, also möchte ich Euch den Vorschlag machen, Lady Sabanzia, nun in Euer Gemach zu gehen, damit Ihr Euch baden und neu einkleiden könnt. Euer Kleid ist durch das viele Spazieren ganz schmutzig geworden und das Haar sollte auch..."

"Du musst dich nicht wie meine Ersatzmutter benehmen", scherzte ich, doch Vaalins Wangen färbeten sich rot, "Keine Sorge, ich werde mich gut waschen und schöne Kleidung für das Abendessen auswählen. Wenn du danach immer noch unzufrieden bist, dann werde ich dich bitte, mein Haare annehmbar aussehen zu lassen. Und nun...lass uns gehen"

Während wir zu meinem Gemach gingen, grinste Vaalin verlegen, aber als sie sich daran machte, das Bad vorzubereiten, da war ihre Röte gänzlich verschwunden.

Nun war die Badewanne mit heißem Wasser gefüllt und Vaalin verließ mich für eine knappe halbe Stunde, damit ich mich in Ruhe waschen konnte. Gerade wollte ich in das Wasser steigen, als mir einfliel, dass die gut riechende Seife auf dem kleinen Tisch in dem anderen Zimmer lag. So hastete ich gänzlich unbekleidet aus dem Badezimmer in mein Schlafgemach und sah mich um. Schon erspähten meine Augen die Seife, doch plötzlich hörte ich Schritte in Richtung meiner Türe. Erschrocken blinzelte ich. Ich stand vollkommen nackt in meinem Zimmer und jemand wollte gerade in diesem ungünstigen Moment hinein! Schnell packte ich die seidige Bettdecke, warf sie mir über und das keinen Herzschlag zu früh.

Jemand öffnete unaufgefordert die Tür.

"Lady Sabanzia, ich wollte Euch nicht stören, aber Lady Morgause..."

"Verflucht, Sir Godric! Könnt Ihr nicht anklopfen oder einen Augenblick warten?! Ich stehe nun halbnackt, eingewickelt in eine Bettdecke, was nun die Höhe ist, und Ihr tretet einfach ein! Verdammt noch mal! Was soll ich mir hier noch alles bieten lassen?!"

Ein verwirrter Godric starrte mich an, die Farbe seines Gesicht ging von einem erschrocken Weiß in ein dunkles Schamrot über und er schlug sich die Hand vor die Augen. Hastig wendete er seinen Kopf zu Boden und vermied mich anzublicken.

"Ent...Entschudligt, m...my Lady...", stotterte er, "L...Lady Morgause h...hat mich geschickt, u...um nach Euch zu sehen, d...doch ich werde ihr wohl berichten müssen, dass Ihr euch v...verspäten werdet"

"Und ob! Nun...Ihr wisst ja wo die Türe ist"

"Na...Natürlich..."

Als Godric endlich gegangen war, ließ ich mich auf mein Bett fallen und brach ich schallendes Gelächter aus.

Oh Götter, was passieren mir bloß für Verrücktheiten?!

Als ich in das Gemach von Lady Morgause eintrat, sah ich, dass Salazar, Helga, Rowena und Godric, dem bei meinem Anblick die Röte ins Gesicht schoss, schon ungeduldig warteten. Die Obere Priesterin selbst war nicht zu erspähen.

"Morgause wird gleich wiederkommen. Es gibt ein...einen Zwischenfall bei dem sie helfen muss", beantwortete Rowena meine unausgesprochene Frage mit einer Kälte in der Stimme, so dass sich meine Nackenhaare aufstellten. Es wunderte mich sehr, dass Rowena Lady Morgause nicht mit 'Lady' ansprach, auch wenn diese nicht hier war. Godric hatte dies nicht getan.

Verständlich nickte ich und trat näher an meinen Bruder heran. "Wenn ihr uns einen Moment entschuldigen möget. Ich habe etwas mit Salazar zu besprechen"

Mit einem Stirnrunzeln blickte er mich an, doch ich deutete bloß mit meinem Kinn zur Türe und so folge er mir hinaus.

"Du...du hast die verdammte Pflicht mir zu erklären, weshalb ich hier bin!", fuhr ich Salazar sofort an, "Zehn Tage! Zehn Tage sitze ich tatenlos da! Du hast mich hier hergeschleppt, also erkläre mir endlich, was ich hier zu suchen habe! Wenn du das nicht augenblicklich tust, so möchte ich keine Stunde länger hier verweilen!"

"Wie kannst du es wagen?!" Salazar packte mich grob an der Schulter, dass ich erschrocken zusammenzuckte. "Schrei noch lauter herum, damit ganz Avalon erfährt, dass die großen Vier unfähig sind der Hüterin ihre Aufgabe zu erklären!"

"Der Hüterin?" Meine Stimme wurde leise und vorsichtig. "Wer...ich meine..."

"Du weißt nichts, habe ich recht?" Heftig schüttelte ich den Kopf und blickte in die grünen Augen meines Bruders, die nun vor Verwirrtheit weit geöffnet waren. Er zupfte an seiner Unterlippe und lockerte nun den Griff an meiner Schulter, doch wieder schien er wütend und ich wich einige Schritte zurück, bis mir die kalte Steinwand keinen Fluchtweg mehr bot.

"Wie konnte Lady Morgause...", begann er von Wut gepackt, aber ihn unterbrach eine sanfte Stimme.

"Wie konnte ich was, Salazar?" Mein Bruder fuhr herum, bevor er jedoch seinen Mund öffnen konnte, sprach Lady Morgause weiter. "Wie konnte ich Sabanzia ihre Aufgabe vorenthalten, fragst du dich? Es gibt eine simple Erklärung und ich wollte es heute mit euch alle besprechen, aber wie mir nun scheint, wird ein nur Gespräch zwischen deiner Schwester und mir möglich sein"

Ich erschauderte, denn es kam mir so seltsam vor, dass zwei Menschen über mich sprachen, wenn ich doch direkt neben ihnen stand!

"Und nun, lasst uns essen. Salazar, Svenja, tretet bitte in meine Gemach"

Dies taten wir auch und mich überkam ein Gefühl der Zufriedenheit. Endlich konnte ich meine Lehrmeisterin sprechen. Endlich, nach zehn langen Tagen.

 

Kapitel VI

Mit einem Grinsen der Überlegenheit trat ich wieder in das Schlafgemach Lady Morgauses ein. Ich nickte allen in Raum zu, wobei ich zufrieden feststellen musste, dass Godric immer noch eine leichte Schamröte in sein Gesicht stieg, und setzte mich an den großen hölzernen Tisch, der mir so zierlich erschien, das ich glaubte, er würde unter dem Gewicht des Essens zusammenbrechen, doch dies war keineswegs eine Übertreibung.

Berge von gebratenen kleinen Vögeln, möglicherweise Wachteln, türmten sich auf silbernen Tellern und mir lief das Wasser im Munde zusammen, als ich bemerkte, wie goldgebraten sie waren durch die Honigschicht auf ihrer Haut. Ebenso wanderte mein Blick über die Schüsseln mit Kartoffeln, saftigen Salatblättern, Krüge voller rotem Wein und würzigem Bier.

Dann jedoch wand ich meinen Blick der Gemach von Lady Morgause zu, das viel größer als das meine war. Dieses hatte eine Art Ess- und Wohnraum, in dem wir uns im Moment befanden, und drei weitere Türen ließen auf ein Schlafgemach, ein Badezimmer und einen dritten Raum schließen, der möglicherweise zum Arbeiten gedacht war.

Der Wohnraum selbst war viereckig gebaut, mit vier Fenster, zwei an der nördlichen, zwei an der westlichen Wand, durch die ich nun die untergehende Sonne und den rötlich schimmernden Himmeln beobachtete. An eben diesen Fenstern hingen dicke, wollerne Vorhänge, welche dunkelrot, nein bordeaux waren, wie fast alles hier im Raum. Zwei große, gemütiche Lehnstühle in bordeaux, eine dicke Stoffschicht an der Eingangstüre, die möglichen Lauschern ihre Arbeit schwer machen sollte, ebenfalls in bordeaux, ein kleiner Teppich, auch bordeaux. Ich überlegte, ob diese geradezu königliche Farbe Lady Morgauses Stand als Obere Priesterin symbolisieren sollte, doch ich hatte keine Zeit nachzudenken, denn schon versuchte mich Godric in ein Gespräch zu verwickeln, während er sich zwei gebratene Vögel auf den vergoldeten Teller lud.

"Lady Sabanzia, ehrenwerte Hüterin", begann er und ich wunderte mich abermals über dieses Wort. Hüterin. Mein Bruder hatte es auch erwähnt, aber ich kannte die Bedeutung nicht. "Entschuldigt mein...mein direktes Verhalten. Ich dachte, Ihr seid bereit zum Abendmahl, doch ich habe mich getäuscht. Ich wollte Euch nicht in Verlegenheit..."

"Und wie Ihr Euch getäuscht habt, Sir Godric", unterbrach ich ihn und konnte die Verwunderung in seinem Gesicht ablesen, "Aber Ihr habt mich keineswegs in Verlegenheit gebracht. Es war...wie soll ich dies benennen...es war höchst amüsant Euer edles Haupt voller Schamröte zu erblicken"

Kurz lachte ich auf, als ich jedoch Godric beobachtete, wie es sich angespannt auf die Unterlippe biss und danach den Mund zu einem Grinsen verzog, erkannte ich, dass ich diesen Scherz noch bitter bereuen würde.

"Nun, Lady Sabanzia Ich bin erfreut Euch so frohlockend beobachten zu dürfen, doch Euch abermals zu erblicken, diesmal ohne jene Bettdecke, würde mich zum Frohlocken bringen"

"Wenn du das so wünscht, Godric, so denke ich, dass sich einiges machen lässt", flüsterte ich lächelnd und so leise, dass ich glaubte Godric selbst würde es nicht verstehen "Doch erst nach Jahren, wenn du zu einem echten Mann herangewachsen bist und nicht mehr so niveulos scherzt gleich einem jungen Bauerntölpel"

Das Grinsen auf Godrics Gesicht verschwand und er blicke mich wieder verwirrt und ohne jegliche Ahnung an. Oh, wie ich bloß diesen Gesichtsausdruch zu lieben beginne!

Mit einem höhnischen Lächeln sah ich in die Runde. Rowena und Helga, beide mit fliederfarbenen Roben bekleidet, unterhielten sich flüstern, ebenso sprachen mein Bruder und meine Lehrmeisterin miteinender, jedoch mit einem etwas lauteren Ton. Erst jetzt bemerkte ich, dass Godric und Salazar ebenfalls Roben turgen, aber in einem graublauen Farbton.

"Ja, geliebte Schwester", grinste mich mein Bruder an, der mir gegenüber saß, und ich ahnte schlimmes, denn möglicherweise hatte er mir und Godric zugehört, "Es gibt zwei Grundwahrheiten, das solltest du wissen" Salazar löffelte sich eine Kartoffel in den Mund, kaute einige Male und schluckte. "Zum ersten ist das Weib dem Manne überlegen, dieses ist allgemein bekannt. Zum zweiten ist die Erde rund"

Godric und mein Bruder brachen in schallendes Gelächter aus, sodass Lady Morgause erschrocken zusammenzuckte, da sie sich vorerst auf ihren gebratenen Vogel konzentriert hatte. Auch Helga und Rowena sahen zu den beiden lachenden Männern hinüber und ich war durch und durch gekränkt.

Nur weil die Menschheit die Erde für eine Scheibe hält, heißt es doch nicht, dass sie auch eine Scheibe ist, denn bis heute konnte man es nicht beweisen.

"Die Griechen", sagte ich plötzlich, nachdem Salazar und Godric ihrem kindisches Benehmen beendet hatten, "Die alten Griechen glaubten an eine runde Erde und man kann nun wirklich nicht sagen, dass jene Menschen dumm waren"

"Dann heirate einen Griechen und lebe mit ihm glücklich auf deiner runden Erde", grinste Godric und Wut kam in mir hoch.

"Lieber würde ich dies tun, Sir Gordic, als mir weiterhin Eure hirnlosen Kommentare anzuhören", schnaubte ich nun, stand ruckartig auf, sodass der Stuhl auf dem ich saß mit lautem Gepolter zu Boden fiel und blickte alle kurz an. "Lady Morgause, entschuldig mein Benehmen, aber ich kann und will nicht länger mit diesen Narren zu Abend essen" Ich deutete verächtlich mit meinem Kinn auf Godric und Salazar.

Ohne noch länger zu überlegen, drehte ich mich um und schritt auf die Eingangstüre zu. Wutstränen standen mir in den Augen und ich wollte kaum mehr, als endlich hier herauszukommen.

Ich hörte Gemurmel, ein Kratzen von Stuhlbeinen und Fußgetrappel, aber ich befand mich schon auf dem Korridor und wollte nicht wissen, was vor sich ging.

"Lady Sabanzia!", rief mir jemand nach, eine vertraute Stimme, doch ich beschleunigte meinen Gang, fast rannte ich, "Sabanzia...bitte, wartet!"

Erst als ich eine warme Hand auf meiner Schulter spürte, sodass ein eigenartiges, doch in gewisser Weise angenehmnes Kribbeln fühlte, blieb ich stehen und langsam drehte ich mich um.

"Das Ihr es wagt...!", rief ich empört und blickte in diese graue Augen, welche mich seltsamerweise zu fesseln begannen. Das Gefühl durchfuhr meinen Körper wieder, ein Prickeln, unmöglich es in Worte zu fassen.

"Das ich was wage? Mich entschuldigen zu wollen oder...", begann Godric, doch hielt inne und ich sah ihn Grinsen. Dieser unverschämte...dieser unverschämt gut aussehende...

Weiter kam ich nicht mit einen Gedanken, denn plötzlich spürte ich seine weiche, warmen Lippen auf meinen eigenen. Seine Hand stirch mir über meine Wange, er drückte mich sachte mit seinem Oberkörper gegen die kühle Wand und abermals spürte ich es. Es war keine Liebe, das wusste ich, obwohl ich noch nie einen Mann wirklich geliebt habe, aber dies, was meinen Körper durchströmte war körperliche Lust und ich ließ dieses Gefühl freiwillig zu! Ja, ich erwiderte seinen Kuss sogar! Innerlich erschauderte ich und ließ hastig von Godric ab.

Wie konnte er bloß solch eine solche Schandtat begehen? Eine junge Frau auf so unverschämte Weise verführen zu wollen und das noch auf heiligem Boden in Avalon!

"Wie könnt Ihr bloß!", wiederholte ich nun laut meine Gedanken, "Sir Godric, Ihr seid ein taktloser Dummkopf! In Avalon gibt es nämlich keine anderen Liebesgefühle, außer jenen zur Göttin"

Schon schellte meine Hand seiner Wange entgegen, doch er fing sie ab und küsste vorsichtig meine Fingerkuppen. Das seltsame Lustgefühl durchfuhr meinen Körper, wie schon einige Male zuvor.

"Und wenn Ihr meine Göttin seid, dann lasst Ihr mich gewähren?", fragte der Mann mir gegenüber, welcher so eigenartige Gefühle in mir hochkommen ließ.

"Nein! Aber nun entfernt Eure schutzigen Finger von meiner Hand!"

Ein letztes Mal sah ich sein so anziehendes Grinsen, bevor ich mich endgültig von ihm abwendete und den Weg zu Lady Morgauses Gemächern einschlug.

 

Kapitel VII

Ich war verwundert, als ich in Lady Morgauses Gemach eintrat, denn das Abendessen war abgetragen worden und auch mein 'ehrenwerter' Bruder, Helga und Rowena fehlten.

"Komm, Svenja, nimm Platz", sprach die Obere Priesterin auf einem der bordeauxen Lehnsrühle sitzend mit ihrer wohlklingen Stimme. Als ich ein kleines Mädchen war und sie erstmals singen hörte, da war ich überwältigt von dem Klag, doch im Laufe der vergangenen Lenze setzte meiner Lehrmeisterin die Einsamkeit zu, obwohl sie immer von vielen Menschen umgeben wurde. Nein, verehrt wurde sie, aber sie war allein, dies spiegelte sich in ihrem Aussehen und auch in ihrer Stimme wieder.

Langsam befolgte ich Lady Morgauses Wunsch und setze mich auf den Lehnstuhl ihr gegenüber. Ein leichtes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, etwas, welches ich oft vermisst hatte. Wahrhaftig war es mir ein Rätsel, wie die Obere Priesterin mit ihrem zierlichen Körper und den graune Strähnen im Haar noch jegliche Autorität ausstrahlen konnte. Vielleicht war dies die Ausstrahlung der Göttin...ich weiß es nicht und ich werde es nie wissen.

"Nun, Obere Priesterin der heiligen Insel Avalon, was wünscht Ihr von mir?", fragte ich leicht verunsichert.

"Weißt du wieso diese Insel Avalon heißt?", sagte Lady Morgause und ihr Lächeln wurde immer breiter und herzlicher, doch sie wartete keine Antwort ab,"Die Insel der Apfelblüten..."

Kurz schloss sie die Augen als würde sie in Erinnerungen schwelgen, doch dann schüttelte sie den Kopf, gleich einer Ermahnung, dass sie jetzt etwas anderes machen müsste.

"Wie auch immer", fuhr die Obere Priesterin fort, "Es gibt viele Dinge, die ich dir schon seit deiner Ankunft hier verschweige"

Mein Gesicht hellte sich auf. Anscheinend würde ich nun endlich erfahren, was ich in dieser verfluchten Stadt, die Göttin sei mir gnädig wegen dieser Bemerkung, zu tun habe.

"Du bist nich grundlos hier, Svenja, dies solltest du auf jeden Fall wissen , denn du, genau du hast eine göttliche Aufgabe"

Ich? Eine göttliche Aufgabe? Lasst mich nicht Priesterin werde, bitte nicht, my Lady!

"Eine neue Ära der Magie bricht an, parallel zu den normalen Menschen, denn sie trennt sich von den Menschen und nur wenigen wird bekannt sein, dass es überhaupt den alten Glauben jemals gegeben hat. Das Christentum verdrängt es, langsam und gemächlich, aber dies tut es. Sir Ollivander, ein alter Freund von mir beherrscht diese Art der Magie...Magie mit Zauberstäben..."

"Zauberstäbe?!", unterbrach ich sie empört, "Entschuldigt, Lady Morgause, fahrt fort.."

"Ja, es gab sie schon lange, länger noch, als unseren Glauben, jedoch wurde er von eingen Vertrauten, darunter auch die Ollivanders, streng gehütet. Nun möchte ich, dass die mächtigen Vier dies erlernen, um eine Schule der Zauberei und Hexerei gründen zu können, damit Menschen mit magischem Blut die Kunst der Magie erlernen könne, ohne Druide oder Priesterin werde zu müssen"

"Und ich...?", fragte ich langsam und sehr leise. Eine neue Ära der Magie? Mit Zauberstäben? Es klang so lächelich...

"Da darfst diese für uns neuartige Kunst nicht erlernen", antwortete Lady Morgause und ich war ein wenig erleichtert,"denn du bist die Hüterin"

"Schon öfters habe ich gehört, dass man mich so nannte, ich verstehe jedoch nicht, weshalb", erwiderte ich und hoffte nun endlich eine Antwort auch auf diese Frage zu finden. Ungeduldig rutschte ich auf dem Lehnstuhl herum und meine Lehrmeisterin, die meinen Schwachpunkt scheinbar erkannte, bewegte sachte die Hand, so dass eine Dienerin zu ihr herlief.

"Bring uns Tee, Leanna", befahl Lady Morgause dem jungen Mädchen, welches nun hastig aus dem Gemach lief. Nun waren meine Lehrmeisterin und ich völlig allein im Raum.

"Am Anfang war die Göttin und sie gebar Feuer, Wasser, Erde und Luft. So waren die Vier Elemente und nichts als die Vier Elemente und alles ohne die Vier Elemente. Mit einem konnte das andere nicht sein, ohne das andere nicht das eine. Nichts konnte mit dem einen überleben, nichts ohne das andere", sprach die Obere Prieserin, doch ihre Stimme war ungewöhnlich tief. Ich kannte diesen Text, hatte ihn oft gehört, es war die Schöpfungsgeschichte unserer Welt.

"Feuer konnte nicht mit Wasser brennen, ohne Wasser, das die Bäume bewässerte, welche zu verbrennen bestimmt waren, konnte Feuer nicht sein", fuhr ich leise fort und Lady Morgause nickte lächelnd.

"Jedes Element war einem anderen untergeordnet, jedes einem anderen übergeordnet. Alleine war keines stark genug, doch zusammen erschufen sie die Welt, so wie es ihnen die Mutter Göttin befohlen hatte. Erde gebar das Land, die Wiesen, die Felder, die Berge, die Wälder, Wasser das Meer, die Flüsse, die Seen, die Quellen, Luft den Himmel, die Winde, die Wolken, Feuer die Sonne, die Sterne, den Mond. Es entstand Lîvstein und mit Lîvstein entstand das Leben und mit dem Leben entstanden die Tiere und die Menschen. Und die Göttin sah, dass ihre Kinder gute Arbeit leisteten und machte die ebenfalls zu Göttern. So entstand das Göttliche und das Schöne, aber der Bruder der Göttin, Gott über das Elend und das Grauen, stahl Lîfstein und verbarg ihn. Doch das Leben war immer noch da. Es war da, ist da, wird immer sein. Solange die Göttin mit ihren Kindern herrscht, wird ihr Bruder nicht triumphieren können. Solange er nicht Lîvstein zu zerstören vermag, aber er kann dies nicht tun, denn dann würde er selbst und auch alles Leben untergehen"

Lady Morgause hatte geendet und ich sah sie noch einige Herzschläge lang gabannt an, obwohl ich die Schöpfungsgeschichte schon so oft hörte, doch sie schien mich jedes Mal mehr und mehr zu faszinieren. Ein Klopfen brachte micht dazu, auf die Eingangstüre des Gemachts zu blicken und nachdem die Obere Priesterin Eintritt gewährt hatte, trat auch schon Leanna, die junge Dienerin, mit dem Tee ein.

Das Mädchen, ich schätze es auf knapp 15 Jahre, stelle das Tablett mit dem Tee auf einem kleinen Tisch zwischen den zwei Lehnstühlen ab, deutete mit ihrem Kopf eine Verbeugung an und stellte sich stumm neben eine der vielen Türen im Raum.

"Leanna", wand sich Lady Moraguse an die Dienerin,"Geh zu Mari. Sag ihr, dass sie zu mir kommen soll, wenn die Kleider fertig sind. Dann geh zu Riola und frag sie, ob Vanita von Eirion weiß, ob Wilfra bei Merlin war und wann der Hohe Druide zu kommen gedenkt"

Stumm nickte Leanna und verließ wieder den Raum.

"Jeder wünscht sich Diener, jedoch weiß niemand, wie schwer es ist vor der Dienerschaft etwas zu verbergen und allein zu sein", lächelte die Obere Priesterin, "Du wirst die sicher fragen, weshalb ich dir die Schöpfungsgeschichte erzählt habe, obwohl ich fast glaube, dass du sie besser kennst als ich"

Meine Lehrmeisterin lachte vergnügt auf, aber sie sprach Wahres. Ich wusste wirklich nicht, wieso sie nun diese Geschichte wiederholte, doch plötzlich wurde ihr Gesicht ernst.

"Lîvstein. Die dunklen Mächte sind auf der Suche nach ihm und die großen Vier müssen mit der Hüterin Lîvsteins nach Eriu, Irland, segeln und den dunklen Hüter überwältigen, damit er nicht den Stein des Lebens ans sich reissen kann"

Einige Male blitzelte ich verwirrt und erst nach diesen Lidschlägen drangen die Worte zu mir.

"Ich bin die Hüterin von Lîvstein?!", fragte ich überrascht, denn ich hörte, dass nur die Göttin und ihr Bruder selbst den Stein berühren können.

"Sabanzia Slytherin, du bist die weiße Hüterin. Der einzige Mensch auf Erden, außgeschlossen des dunklen Hüters, der den Stein berühren kann", wiederholte Lady Moragause lächelnd, "Die großen Vier sind nicht minder göttlich, denn sie sind gleich den Elementen. Sie verfügen eine solche Macht, dass sie einzig von der Göttin, ihrem Bruder oder den Hütern übertroffen werden kann. Godric, das Feuer, Salazar, das Wasser, Helga, die Erde und Rowena, die Luft. Ihr segelt in zwei Monaten nach Eriu, nachdem die Ausbildung der großen Vier und auch die deine beendet ist"

"Meine Ausbildung?"

Verwundert sah ich die Obere Priesterin an und schon öffnete sie ihren Mund, um zu antworten, doch im selben Augenblick stürtze Leanna in das Gemach.

"Ent....Entschuldigt....obere....Priesterin...", keuchte sie und hielt sich die Hand an den Bauch, "Kommt...bitte...sofort...in den...Ratssaal. Es ist...ein Notfall!"

 

Kapitel IX

"Was ist passiert, Leanna? Erzähle!", rief Lady Morgause aufgebracht und ihre braunen Augen wanderten angespannt hin und her.

"Wir haben...einen Gefangenen!", brachte Leanna mühlselig hervor. Anscheinend war sie den ganzen Weg hinauf zu diesem Gemach gerannt. "Er ist Befehlshaber...der sechsten dunklen Horde...und war auf dem Weg nach...Eriu mit seiner Truppe...die Prieserinnen und Druiden konnten...die Soldaten verjagen oder gefangen nehmen...aber einige sind geflohen...der eherenwerte Merlin meint....wir sollten ihn sofort befragen...und danach die großen Vier nach Eriu schicken..."

"Das meint der eherenwerte Merlin?" Die Obere Priesterin zog ihre Augenbrauen leicht hoch und beobachtete Leanna, die zustimmend den Kopf bewegte. "Nun gut, ich komme gleich in den Rattsaal"

"Soll ich auch...?", begann ich und meine Lehrmeisterin nickte leicht lächelnd, denn sie schien zu ahnen, welche Frage ich zu stellen begehrte.

"Du bist die Hüterin und was du wünscht, wird dir erfüllt", sprach Lady Morgause und blickte ein wenig unruhig zu der jungen Dienerin, "Es ist unnötig zu fragen, meine liebe Svenja...doch nun ist es Zeit sich gemäß der Umstände zu kleiden. Leanna, hole ein Gewand der Hohepriesterin und eines derer Schülerin, aber beeile dich!"

Sofort stürmte Leanna aus dem Gemach und ich wunderte mich, wie schnell sie wieder zurückkam. In der einen Hand hielt sie etwas Dunkelblaues, in der anderen etwas Weißes und es stellte sich heraus, dass dies letztere für mich bestimmt war. Ein weißes, weites Gewand der Schülerin der Hohepriesterin aus feinen Leinen, dazu ein Schleier, welcher den Kopf und das ganze Gesicht, außer den Augen bedeckte.

Ich fühlte mich unantastbar, ja, ungewöhnlich sicher, als ich dieses Gewand endlich angezogen hatte und stellte fest, dass Lady Morgause ebenfalls ein solches Kleidungsstück trug, jedoch in dunkelblau. Mit ihren dunklen Augen zwinkerte sie mir zu und vielleicht lächelte sie sogar, aber ich konnte dies auf Grund des Schleiers nicht sehen.

"Lass uns gehen, Svenja. Wenn wir in der Ratshalle sind, achte nur darauf, dass du dich rechts neben mir niedelässt, folge mir einfach hinein und wieder hinaus, mehr brauchst du nicht zu machen", erklärte die Obere Prieserin, während wir uns immer weiter von ihrem Gemach entfernten und die Ratshalle sich näherte.

"Weshalb trage ich dieses Gewand, Lady Morgause?", fragte ich sie, aber ich erhielt keine Antwort.

Da standen wir nun vor einer riesigen Eichentür, die mit geschnitzen Ornamenten verziert und fast vier Mal größer war als ich. In den Schnitzerein an der Tür entdeckte ich Teile der Schöpfungsgeschichte. Luft, eine junge Frau, welche nur zu Hüfte sichtbar ist und sich scheinbar mit dem Wind und dem Himmel vereint, Wasser, einen Mann in einem See mit einem breiten Lächeln und...Lîvstein. Ein Kristall, der die Form einer Raute hat, in einer großen, zierlichen Frauenhand, anscheinend der Hand der Göttin.

"Die Hohepriesterin!", erschallte eine Stimme hinter der Eichentüre und mit einem sanften Ruck öffnetete sich die Tür zur Ratshalle.

Mit einem langsamen Gang schritt Lady Morgause majestätisch auf ein Podest mit drei Sitzen am anderen Ende der Halle zu und ich versuchte ebenso elegant zu schreiten wie sie, doch ich glaubte zu versagen. Als sie sich auf den blauen Lehnstuhl niederließ und mir mit einem Blick andeutete, mich auf den weißen zu setzten, machte ich dies zwar hastig, aber doch nicht zu schnell, damit es nicht aussah, als wüsste ich nicht, was ich zu tun habe.

Als ich endlich Zeit fand, mich in der Ratshalle umzusehen, bemerkte ich erst jetzt, wie prunkvoll dieser Raum war. An beiden Seite des Raumes waren Sitznischen, zu meiner rechten für Prieserinnen, zu meiner linken für Druiden, gebaut worden und auf dem Boden befand sich ein rundes, sehr kunstvolles Mosaik, welches scheinbar ebenfalls Szenen der Schöpfungsgeschichte darstellte, sowie die Erbauer von Avalon. Ich war so fasziniert von diesem Raum und erst als jemand "Der höchte Druide, Merlin" rief, endete ich auf das Mosaik zu starren.

Merlin schritt in einer grauen Robe zu dem ebenfalls grauen Lehnstuhl neben der Hohepriesterin und während seines langen Weges von der Eichentüre zu seinem Platz, fixierte er mich mit seinen wütenden Augen, jedoch wich ich seinem Blick nicht. Hatte er mich wirklich erkannt? Es war unmöglich, denn ich war verschleiert, aber meine strahlend grünen Augen waren vielleicht auffällig...zum ersten Mal fühlte ich mich hinter dem Schleier unsicher.

Als auch er endlich saß, ertönte ein drittes Mal die Stimme und kündigte der letzten Besucher an.

"Gaius Lucius Conservarus!"

Ein Mann, kaum älter als mein Bruder, trat ein, an den Oberarmen von zwei bulligen Wachmännern gehalten. Ein abwertendes Grinsen konnte ich auf seinem Gesicht entdecken und die quecksilbernen Augen strahlten eine Würde aus, welche ich nur bewunderte. Eine römische, einfache, weiße Toga, die schlamm- und blutbespritzt war, sein Name, sowie das etwas dünklere, südländisch geschnittene Gesicht, verriet, dass er Römer war. Seine dunkelbrauen, zerzausten Haare waren zwar nicht so lang wie bei Salazar, aber auch nicht so kurz wie bei Godric. Auch ein brauner Bartflaum überzog sein Gesicht und eine Schnitt prangte auf seiner rechten Wange, auf dem sich schon eine dunkelrote Kruste gebildet hatte.

Gaius Lucius Conservarus...wie kommt ein Römer zu der dunklen Armee?

"Befehlshaber der sechsten dunklen Horde!", sprach Lady Morgause mit ungewöhnlich tiefer Stimme und ließ mich zusammenzucken. Ich hatte wirklich bloß auf den Ankömmling gestarrt und so errötete ich, was zum Glück niemand auf Grund des Schleiers sehen konnte.

"Das bin ich!", erwiderte Gaius in fließendem Britonisch, sogleich die Obere Prieserin geendet hatte. Abermals staunte ich über den junge Römer und als mir noch auffiel, dass er eine tiefe Wunde an der Wade hatte, aber scheinbar ohne Schmerzen dastand.

Seuftzend schloss ich die Augen und da durchfuhr es mich. Bilder über Bilder strömten durch meinen Kopf.

Gaius, wie er als kleiner Junge vor Freude überströmt einem Hund nachrennt, dann als er als Jüngling angespannt Schwertkämpfen lernt und wie er vor seinem Vater mit einem missmutigen, ja sogar hasserfüllten Blick salutiert. Gaius, in dem Moment, wie er Avalon erblickt, sein angsterfülltes Gesicht, als er gegen einen Druiden zu kämpfen versucht. Letztendlich Gaius mit gemischten Gefühlen vor der Hohepriesterin stehend. Er blickt auf eine verschleierte Frau in weißem Priesterinnengewand und lächelt.

Und als ich die Augen öffnete sah ich es...dieses Lächeln.

"Nun, Römer!", ertönte Lady Morgauseses tiefe, laute Stimme in dem Ratssaal und ich beobachtete, wie sie sich ihre Augen mit Wut füllten, "Du hast Avalon angegriffen, die heilige Insel Avalon...!"

Belustig lachte Gaius auf, doch sein Lachen klang verbittert und kalt. Langsam blickte ich zu abermals zu meiner Lehrmeisterin und spürte Förmlich den Hass, welches sie erfüllte.

"Heilig? Ihr meint, ehrenwerte Hohepriesterin, die Apfelinsel sei heilig?! Noch nie habe ich einen solchen Unsinn gehört, wie heute!", grinste der Befehlshaber und scheinbar wusste er nicht, mit was er nun bezahlen musste, im Gegensatz zu mir.

"Du wagst es, elender Todgeweihter!", schrie Merlin, sprang von seinem Lehnstuhl auf und blickte erzürnt auf dem junge Römer, der nun noch belustigter zu sein schien, "Bringt ihn weg und tötet ihn!"

Nicht einmal nach diesen Worten ließ sich Gaius aus der Ruhe bringen, ebenfalls nicht, als ihn die athletischen Wachen an den Oberarmen wieder zuzück zum Ausgang zerrten. Er lachte nur.

"Halt!", rief ich plötzlich und stand ebenfalls ruckartig auf. Mit einer hastigen Bewegung zog ich den Schleier aus meinem Gesicht und im der Halle breitete sich ein lautes Getuschel aus. Die Wachen blieben bei meinem Ruf stehen und auch Gaius starrte mich verwundert an. Noch nie in meinem Leben war ich so überrascht von meinen Taten gewesen, wie an diesem Tage, denn ich wusste nicht einmal, wieso ich dies machte.

"Ruhe!", schrie Merlin wütend und empört, aber niemand hörte ihm zu, "Ruhe!"

"Still! Die Bewahrerin von Lîstein soll sprechen!", sage die Hohepriesterin ruhig und bei ihren Worten verstummten die Menschen im Raum.

Eine Röte überkam mein Gesicht, als alle auf mich blickten. Langsam schluckte ich, aber nach einigen schnellen Herzschlägen begann ich zu sprechen.

"Wäre es nicht allzu klug eine Geisel auf der Reise nach Eriu zu haben?", fragte ich und sah vereinzelte Nicken oder missmutig den Mund zu verziehen.

"Unsinn!", brummte Merlin in seinen Bart hinein, "Wer passt auf ihn auf, damit er nicht wegläuft?"

"Ich dachte, höchster Druide, Eure Magie wäre so mächtig, um einen Gefangengen vor der Flucht zu bewahren?", erwiderte ich seinen Worte, doch innerlich stimmte ich ihm zu. Was war dies für eine Kraft, die mich zu einem solchen Handeln zwang?

Darauf nickte der Druide nur, zwar ein wenig ungewollt, aber er wollte seine magischen Kräfte von mir wohl nicht in Frage gestellt bekommen und als auch Lady Morgause nichts einzuwenden hatte und meinte, Gaius solle bis zum Tage der Abreise in seiner Zelle verweilen, war ich zufrieden.

Ein letztes Lächeln warf mir der junge Römer zu, bevor ich mit der Hoheprieserin ebenfalls die Ratshalle verließ.

 

Kapitel X

Ich dachte, dass wenigstens einge meine Wahl in der Ratshalle befürworten werde, doch nicht einmal Lady Morgause oder mein eigener Bruder erwiderten Meinungen zu meinen Gunsten. Sogar von Gordic hatte ich ein nettes Wort erwartet, aber jeder, der mit mir zu sprechen begann, eignete sich eine sehr förmlichen und kühlen Umgangston an. Einzig Vaalin, welche wie ein Schatten erst verschwand, wenn es die Sonne unterging, blieb eine wahre Freundin in dieser Zeit, denn sie akzeptierte meine Entscheidung und machte sich scheinbar kaum Gedanken darüber. Scheinbar.

Als ich einmal einen meiner Spaziergänge durch den Burginnenhof machte, diesen wunderschönen Garten, beobachtete ich Lady Morgauses Dienerin, Leanna, sich mit Vaalin unterhaltend. Schnell versteckte ich mich in einem der Eingänge zum Garten hinter dem Torbogen. So verstand ich ihre Worte und wurde selbst nicht gesehen.

"Es ist ein Wunder, dass deine Herrin noch atmen kann", höhnte Leanna und strich sich eine blonde Strähne hinter ihr Ohr. Es war äußerst seltsam, dass sich aus ihrem Zopf so viele Locken gelöst hatten und ihre schlichtes Kleid voller Schmutz war, da man in Avalon so großen Wert auf Reinlichkeit legte, um der Göttin näher zu sein. Sogar ich selbst trug immer geflochtenes Haar und verdeckte es und mein Gesicht mit einem Schleier. Seit der Gefangenennahme des jungen Römeroffiziers, ich schätze, es sind nun knapp fünf Tage vergangen, gewöhnte ich mich an ein schwarzes Kleid und einen dunklen Schleier, das sich beides von meiner recht hellen Haut abhob, so wie früher dies mein Haar tat.

"Was meinst du damit?", fragte Vaalin verunsichert und musterte so wie ich zuvor das unordentliche Dasein Leannas.

"Was ich damit meine?!" Sie legte ihren Kopf in den Nacken und lachte vergnügt auf. "Wenn deine Herrin nicht die Bewahrerin Lîvsteins wäre, hätte sie keine Möglichkeit mehr zu atmen. Du solltest sie besser sofort zur Hoheprieserin bringen, denn diese ist sehr unzufrieden und möchte mit dem Abschaum von Ziehtochter sprechen..."

Wut kochte in mir hoch und ich sog hörbar die Luft ein. Fester presste ich meinen Rücken gegen den Torbogen und drückte die Hand auf den kalten Stein.

Wie konnte sie bloß so über mich reden?

"...wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich fast behaupten, sie sei der ******* der Hohepriesterin selbst..."

"Du Närrin!", rief nun Vaalin aufgebracht, "Halte deinen Mund! Wenn jemand hören würde, dass du so über die Bewahrerin sprichts und die Obere Priesterin beschimpfst, ein verbotenes Kind zu gebären...wer weiß, wie lange dann du noch atmen wirst?! Außerdem ist meine Herrin nicht die Ziehtocher von..."

"Meinst du das wirklich?", unterbrach Leanna zischend, "Sie fast ihr ganzes Leben bei der Hohepriesterin verbracht. Sabanzia Slytherin steht meiner Herrin näher, als jemand anderes zuvor, auch nach dem Vorfall in der Ratshallen. Außerdem nennt sie meine Herrin immer wie ihre ..."

Innerlich verfluchte ich Leannas flüsternde Stimme. Vor einigen Lidschlägen konnte sie ihre Bechimpfungen auch durch die Gegend schreien, so dass sie alle hören konnten, aber anscheinend vertrat jeder in Avalon ihre Meinung. Nun ja, es musste sich wirklich um etwas Wichtiges handeln, wenn sie plötzlich leise sprach.

"Und jetzt bring deine Herrin zur Oberen Priesterin!", rief Leanna und ich hörte Schritte auf mich zukommen.

Hastig lief ich die Treppe hinauf, die sich hinter dem Torbogen hinauf in zu einem der vier Türme Avalons erstreckt und, unglücklicherweise, rannte ich jemanden direkt in die Arme. Zuerst glaubte ich, es sei ein Diener, jedoch war dieser Mann keiner.

"Sir Godric!"

"Lady Sabanzia, welch...Freude Euch zu sehen", sprach Godric und zögert kurz. Scheinbar wog ab, ob er es sich leisten konnte, in meiner Gegenwart höflich zu sein oder so wie früher, ungehalten und impertinent. Als ein Grinsen sein Gesicht durchzog, lächelte ich ebenfalls, denn er hatte sich für das letztere Entschieden.

"Seid Ihr aus einem bestimmten Grund hier oder habt Ihr Euch verlaufen? Ich möchte nicht an Eurem Orientierungssinn zweifeln, aber in dieser Burg ist eine solche Sache selbst mir passiert. Wenn Ihr wollt, dann könnte ich Euch mein Gemach zeigen und wir führen diese nette Diskussion fort, die wir einst hatten..."

Meinen Blick senkte ich langsam zu Boden, denn ich hatte anderes zu tun, doch ich wollte Godrics Aufforderung nicht verneinen. Vorsichtig schob er den dunklen Schleier beiseite und hob mein Kinn mit seinen Fingern an, so dass ich in direkt anblicken musste. Abermals spürte ich dieses Gefühl, dieses Kribbel, es breitete sich immer weiter aus. Mein Herz schlug, als ich seine Berührungen spürte, meine Nackenhaare stellten sich auf und plötzlich war es fort.

Ich fühlte eine eigenartige Kälte, die sich uns zu nähern schien.

"Ich sollte gehen, denn mir scheint, Schlechtes hat seinen Weg in diesen Gang eingeschlagen", flüsterte ich und legte mir schnell den Schleier wieder um.

"Godric!", rief eine mir bekannte Stimme erfreut hinter meinem Rücken und ich nickte Godric zum Abschied ein letztes Mal zu, bevor ich mich umdrehte und die Person, welche ihn gerufen hatte, anblickte. Es war Rowena Ravenclaw. Hastig sah ich zu Boden und schritt weiter.

"Wer was diese verschleierte Frau?", fragte sie sogleich Godric und ich wendete mein Gesicht dem seinen zu. Langsam schüttelte ich den Kopf, was Rowena nicht zu sehen vermochte, da sie mit dem Rücken zu mir gewendet stand, und er antwortete nur "Niemand von Wichtigkeit" , so, wie ich es erwartet hatte.

Ich ging in Richtung meines Gemaches, als mir einfiel, dass Leanna zu Vaalin sagte, ich solle zu Lady Morgause, weil sie angeblich erzürnt war. Langsam schluckte ich, denn ich hatte die Hohepriesterin noch niemals wütend erlebt und hatte gehofft, dass dies so bleiben würde, jedoch wendete sich das Schicksal seit eingen Tagen gegen mich.

"Es ist zum Verzweifeln...", seuftze ich leise.

 

Kapitel XI

"Verantwortungslos!", donnerte die wütende Stimme Merlins, doch ich warf ihm bloß einen vernichteden Blick zu, aber ich war bis in die letzte Faser meises Körpers mit Hass auf ihn erfüllt. Tief atmete ich durch, sah Lady Morgause an, die noch wütender schien als Merlin und schluckte den Klotz in meinem Hals, der mich zum Stillschweigen brachte.

"Ehrernwerte Druide, Hohepriesterin", sagte ich höflich, jedoch war der kühle Unterton nicht zu überhören, und deutete eine Verbeugung an, indem ich meinen Kopf und die Augen zu Boden senkte,"Ich, die Bewahrerin Lîvsteins, möchte mich für meine übereilte Entscheidung entschludigen, aber es ist nicht meine Schuld -"

"Natürlich ist es Eure Schuld! Ich habe ja wohl nicht den Gefangenen begnadigt...!", schrie Merlin aufgebracht und sein Gesicht wurde immer röter vor Aufregung.

Ich tat so, als würde ich seine Anspielung überhören und fuhr fort.

"-dass der Römer wegen der schlechten Sicherheitmaßnahmen, für jene die Druiden zuständig sind, wie ich nebenbei erwähnen darf, entflohen ist"

"Wir dürfen Euch nicht bestrafen, da Ihr ja die Bewahrerin seid", sagte Lady Morgause und schon sein meinem Beschluss, Gaius vor dem Tod zu bewahren, hatte sich eine unsichtbare Mauer von Wut und Distanziertheit zwischen uns aufgebaut, so dass die Obere Priesterin mich immer mit einer höfischen Anrede ansprach, "Jede noch so kleine, von Menschen verursachte Wunde auf Eurem Körper, Hüterin, wäre für die Göttin wie an tödlicher Hieb. Und wir wollen nicht den Zorn der Göttin auf uns lenken, was passieren wird, falls Ihr versagt. Dann wäre noch genug Zeit, um Euch..."

"Wenn ich versage, Hohepriesterin, dann, so schwöre ich Euch, bringe ich mich eigenhändig um. Die soll die Strafe für all' meine Vergehen sein!", versprach ich und was ich sagte, war die reine Wahrheit.

"So wäre dies wohl geklärt", stimme Lady Morgause zu, "Merlin, geht!"

"Aber...!"

"Nein. Alles andere kann später erledigt werden!", sagte sie und fügte noch zu Leanna gewand hinzu: "Bereite alles für den Unterricht vor!"

"Unterricht?!", fragte ich verwundert.

"Ja, Unterricht..."

Als Merlin gegangen war, wurde ich in meine eigenes Gemach geführt und Vaalin brachte mir eigenartige Gewänder aus Leder, Wolle und Leinen, die scheinbar alle zu einem einzigen zusammengefügt gehörten. Als erstes erkannte ich einen dunkelroten, wollernen Umhang mit einer Kaputze und ein ebenfalls dunkelrotes Leinenhemd mit seltsamen, ellbogenlangen Ärmeln. Dann sah ich etwas Ledernes, Miederartiges, Geschnürtes und noch ein viel zu kurzes Kleid aus hellem Leder, dem jedoch der obere Teil zu fehlen schien. Selten hatte ich letztes erblicken können, aber ein wenig länger, als diese, was vor mir lag, und ich glaubte mich zu erinnert, dass man es Rock nannte. Neben diese Gewänder stellte Vaalin ein Paar dunkler, hoher Lederstiefeln hinzu und noch einen Waffengurt.

"Dieses soll ich nun anziehen?", fragte ich sie ein wenig verwundert und ich kniff die Augen zusammen, als ich noch einmal auf jene seltsame Kleidung blickte, "Obwohl ich nicht zu wissen glaube, wie ich es tun soll und was es überhaupt ist..."

Lächelnd blickte mich Vaalin mit ihren verschiedenfarbigen, großen Augen an "Ich werde Euch beim Anziehen helfen, da macht Euch keine allzu großen Sorgen. Was vor Euch liegt, ist eine Lederrüstung"

"Lederrüstung? Wozu...? Ich kann doch überhaupt nicht kämpfen..."

Die junge Dienerin lachte auf, aber ich war noch verwirrtet als zuvor.

"Nun wisst Ihr, Hüterin, was Ihr in Eurem Unterricht lernen werdet", sagte Vaalin vergnügt während sie meinen Schleier von Gesicht und Kopf nahm - ich trug immer noch das Priesterinnengewand - und das große, weiße Tuch sorgsam auf mein Bett legte, "Euer Haar wird die Obere Priesterin bestimmt abschneiden lassen..."

Mit einer Spur Angst, packte ich meinen schwarzen, langen Zopf, so als könnte ich ihn beschützen, doch nach einigen Lidschlägen wurde mir bewusst, dass dies ziemlich albern war und ließ ihn wieder los.

"Es gibt keinen Menschen, geschweige denn eine Frau, der hübsch aussieht und dazu noch ein guter Krieger ist. Die Schönheit stört den Charakter und die Künste, außer bei...", murmelte Vaalin geistesabwesend, während sie mich zu einem Stuhl brachte und mein Haar, welches ich erst vorhin so tapfer beschützt hatte, von dem Zopf löste und es zu kämmen begann.

"Außer bei wem?", fragte ich neugierig nach und meine Augenbrauen zogen sich voll Leiden zusammen, als sie, scheibar aus dem Nirgenwo, einen silbernen Dolch hervorzog und zu meinen Haaren führte.

"Außer bei Sir Godric. Ich habe oft kämpfen gesehen und Euren Ansprüchen wird er anscheinend auch gerecht...Ihr müsst wissen, dass die Großen Vier schon seit der Ankunft ihre magischen und auch körperlichen Fähigkeiten schulen", erzählte Vallin und schnitt meine armen, hüftlangen Haare schulterlang ab, "So...jetzt könnt Ihr Euer Haar ganz einfach mit einem Band zusammenbinden oder offen tragen und es wird Euch nicht stören"

'Mich hat es auch schon vorher nicht gestört', dachte ich ein wenig verärgert, aber ich nickte nur leicht und stand auf. Vaalin verstand scheinbar, dass ich nun diese Lederrüstung anziehen wollte und so half sie mir beim Ausziehen des Priesterinnengewandes und Anziehen dieser Gewänder.

Als ich mich im Spiegel in meinem Gemach betrachtete, erkannte ich, dass ich eigentlich überhaupt nicht schlecht aussah...ja, ein wenig gefährlich sogar. Erfreut grinste ich mein Spiegelbild an, während ich mir die ledernen Armschützer an das Handgelenk und den Unterarm schnürte. Als letztes half mir Vaalin beim Besfestigen des Ledergurtes und nun war ich fertig. Nickend betrachtete mich die Dienerin und führte mich hinaus, durch viele, steinerne Gänge, welche ich noch nie zuvor betreten hatte, in eine Art zweiten Innenhof.

Dort stand schon die Hohepriesterin, mein Bruder und Godric. Den letzteren grinste ich an, Salazar und Lady Morgause nickte ich höflich zu.

"Da dein Bruder und Godric hervorragende Schwertkämpfer sind und du dich im Notfall auch selbst verteidigen musst, habe ich mir die Freiheit genommen, dich von ihnen in der Schwertkunst unterrichten zu lassen", sprach die Obere Priesterin und ich wunderte mich über die Wandlung ihrer Anrede. Sie war immer noch kühl, aber es schien mir, dass die Grundsteine unserer Mauer gefallen sind. "Für die Weiterbildung deiner magischen Fähigkeiten bin ich zuständig, doch das wollen wir erst morgen angehen"

Magische Fähigkeiten? Nun ja, wenn ich die Bewahrerin bin, muss ich wohl welche besitzen, aber welche?

Ohne noch ein Wort zu sprechen, beobachtete ich, wie die Hohepriesterin den Innenhof verließ.

"Hier!", rief die Stimme meines Bruders und ich erkannte viel zu spät, dass er mir ein Schwert entgegenwarf. Allein der Aufprall dieser schweren Waffe auf meinen Oberköper, brachte mich aus dem Gleichgewicht. Ich wusste nicht, was ich machen sollte: das edle Schwert retten oder meinen Allerwertesten. Ich entschied mich für das Schwert und packte es an zu allem Unglück an der scharfen Klinge, so dass ich erst recht rücklings auf dem Boden fiel, noch dazu mit einer Schnittwunde in einer Handinnenfläche.

"Ah...Salazar! Bist du noch ganz bei Sinnen?!", schrie ich aufgebracht, während er lauthals lachte, "Du hättest mich ernsthaft verletzen können!"

"Nein, wirklich?", sagte er mit gespielt besorgter Stimme, "Das hätte mir aber Leid getan..."

Mit einem lauten, verächtlichen Schnauben stand ich auf und hob das Schwert auf. Ohne auf meine leicht blutenden Hände zu achten, die nun einen pochenden Schmerz von sich gaben, betrachtete ich es und fuhr vorsichtig mit den Fingern über die stumpfe Seite der Klinge. Es war ganz aus Silber geschaffen und an dem Griff, der mir roten Steinen, möglicherweise Rubinen, verziert war, waren eingemeißelte Muster. Ich war überrascht, wie Salazar ein so schweres Ding leicht herumwerfen konnte.

"Das wird von nun an dein eigenes Schwert sein. Es heißt Victoria", sagte Godric, der nun zu mir trat und die Waffe bewundernd musterte.

"Ja, ja, jetzt fangen wir mit dem Unterricht an", seuftze mein Bruder ungeduldig. Als Godric ihm zunickte, grinste Salazar wieder. Ich wischte meine schmutzigen Hände an dem Umhang, den ich trug, hastig ab und hob dann mein Schwert, so wie ich es bei einen der Ritter bei einem Turnier gesehen hatte.

"Also schön", begann mein Bruder, der nun seine eigene Waffe in den Händen hielt, und sich in eine Kampfstellung hinstellte, "Godric, zeig ihr doch, wie man richtig steht..."

Godric berührte vorsichtig meine angewinkelten Arme, bewegte sie etwas hin und her, eins meiner Beine schob er ein wenig nach vorne, so lange bis ich endlich die Grundstellung beherrschte.

"Dein Haar ist wunderschön, wenn du es offen trägst...nicht einmal diese Kürze lässt dein Anglitz minder erstrahlen, als an einem anderen Tage...", murmelte er leise, so dass es niemand außer mir hören konnte und ein Anflug von Röte überzog mein Gesicht.

Nicht ein einziges Mal wand ich meine Augen von ihm ab und der tat es mir gleich.

"Dies ist die Grundstellung", erklärte mir Salazar, jedoch beachtete ich kaum seine Worte und blickte lächelnd zu Godric hinüber,"du solltes dich bei Beginn eines Kampfes immer so hinstellen...jetzt hör mir doch zu!"

Erschrocken zuckte ich zusammen. "Grundstellung....bei Beginn des Kampfens so hinstellen...ich weiß, ich weiß", murmelte ich ein wenig verlegen.

"Gut. Ich werde dich jetzt angreifen. Sabanzia, verteidige dich einfach so gut es geht...ich werde vorsichtig zuschlagen, keine Angst", grinste mein Bruder und schon griff er mich mit seinem Schwert an, aber durch diesen einen Hieb flog mir Victoria aus der Hand. Leise und ein wenig wütend schnaubte ich, dann hob ich mein Schwert auf.

"Salazar, lass es mich doch einmal versuchen...", sagte Godric, nahm die Grundstellung an, griff an und ich machte mich auf einen weiteren Hieb gefasst, der mir das Schwert aus der Hand schlagen würde, doch diesmal wehrte ich ab, wie von unsichtbaren Mächten geführt. Unsere Klingen schlugen klirrend aufeinander, wieder, immer wieder und ich begann zu zählen. Fünf Aufschläge, Sechs...Acht...Zwölf und erst dann schaffte es Godric, dass mir Victoria aus meinen Händen fiel.

"Sie hat scheinbar das gleiche Talent wie du, Salazar", rief Godric sichtlich erfreut zu meinem Bruder, der mich mit seinem kritischen Blick ansah, hinüber und ich wischte mir mit dem Handrücken über meine schweißtriefende Stirn.

"Ohne einen guten Lehrer lernt auch der talentierteste Schüler nichts", flüsterte ich und meine Mundwinkel hoben sich ein wenig, "Komm heute Abend in mein Gemach, aber pass auf, dass dich niemand sieht"

Lächelnd nickte Godric.

 

Kapitel XII

Ich glaubte mich kaum erinnern zu können, was am letzten Tage geschehen ist, als ich an diesem Morgen von den leichten Sonnenstrahlen geweckt wurde. Der Staub wirbelte tänzelnd umher und noch einige Herzschläge lang beobachtete ich dieses Schauspiel, bis mir ein leiser Schrei entwich. Hastig zog ich die Bettdecke höher, um meinen Körper bis zum Kinn zu verdecken. Der Mann neben mir im Bett zuckte zusammen und blickte von dem Meer aus Kissen zu mir hinauf, dann weiteten sich seine Augen verwirrt, stütze sich auf seinen Ellenbogen und er fuhr sich über seine zerzausten, blonden Haare.

"Göttin, ich dachte, ich träumte letzte Nacht, doch wie mir scheint habe ich mich gänzlich geirrt...", murmelte ich überrascht und Godric grinste nur.

"Jaaaah", stimmte er mir leise zu und küsste mich danach zärtlich.

Ein Klopfen unterbrach uns. "Herrin? Seid Ihr schon wach?"

"Veflucht, Godric! Das ist Vaalin! Nimm deine Kleidung und versteck dich im Bad, aber gib ja keinen Ton von dir!", flüsterte ich aufgebracht und sah ihm zu, wie er seine Kleider vom Boden aufhob und schnell hinter einer Tür verschwand. Dann hob ich meine eigenen Gewänder auf, verstaute sie und zog mir ein Nachthemd an, welches in meinem Gemach herumlag.

"Tritt ein, Vaalin. Ich bin eben erst augewacht...", sagte ich gespielt verschlafen und rieb mir, scheinbar müde, die Augen, während die Dienerin eintrat.

"Ich hoffe doch, dass ich Euch nicht geweckt habe", erzähle Vaalin, doch ich hörte ihr kaum zu, denn meine Gedanken hafteten noch an der Erinninerung an die letzten Nacht, "Nun ja, Ihr müsst Euch sowieso fertig machen. Die Hohepriesterin wünscht mit Euch zu speisen und danach mit dem Unterricht zu beginnen. Ihr solltet Euch zuerst baden und dann..."

"Baden?", unterbrach ich sie, "Oh...eine...ähm...sehr gute Idee. Sag doch den anderen Dienerinnen bescheid, dass sie warmes Wasser holen sollen und lass dir ruhig Zeit"

"Wenn Ihr meint", erwiderte Vaalin schulterzuckend und wand sich der Türe zu, "Aber wenn Ihr wollt, dass ich gehe, dann müsst Ihr Euch keine Ausreden einfallen lassen"

Mit einem Lächeln verschwand sie aus meinem Gemach und ich hastete ins Bad. Dort stand auch schon Godric, nur mir einer ledernen Hose bekleidet, scheinbar gerade dabei, sich das dunkelrote Leinenhemd anzuziehen. Bei meinem Anblick ließ er das Kleidungsstück zu Boden sinken und küsste mich abermals.

"Nein, nicht jetzt. Du musst gehen, denn Vaalin könnte jeden Augenblick wieder zurückkommen und dich sehen", befahl ich ihm, aber er fuhr mir sanft über die Wange.

"Jeder Faser meines Körpers verlangt nach dir, bitte, nur noch ein Kuss..."

"Nein! Geh! Wir können uns später wieder treffen!"

Schnell hob er sein rotes Hemd wieder auf, warf er sich über und verschwand ebenfalls aus meinem Gemach. Ich setzte mich verwirrt auf einen Stuhl und vergrub das Gesicht in meinen Händen.

Göttin, was haben wir beide getan?

"Das Esser war vorzüglich, Hohepriesterin", bedankte ich mich höflich bei Lady Morgause und wischte mir mit einem seidernen Tuch, bestickt mit einem silbernen Ornament, die Mundwinkel ab. Danach legte ich das Tuch sorgfältig auf den Tisch und blickte auf die Obere Priesterin, die am Kopf des Frühstückstisches saß.

"Ich freue mich, dass es dir geschmeckt hat. Nun, jetzt erzähle mir doch, ob du Fortschritte ihm Schwertkampf machst", sprach sie und jedes ihrer Worte klang ungewohnt melodisch und freundlich.

Lächelnd bilckte ich in die braunen Augen, betrachtete die dunklen, von weißen Strähnen durchzogenen, langen Haare und seuftze, als ich an meine eingenen dachte, welche Vaalin vor kurzem so erbarmungslos gekürzt hatte.

"Sir Godric, aber auch mein Bruder, meinte, dass ich wahres Talent zum Kampf hätte" Ich lachte auf. "Ich weiß nicht, ob ich den beiden Glauben schenken soll"

Auch Lady Morgause lächelte und tiefe Falten umrahmten nun ihren schmalen Mund.

"Ein wahres Problem des Menschen ist, dass er entweder zu übermütig ist oder zu wenig Selbstvertrauen in sich hat. Beides kann tödlich enden..." Eine Weile lang senkte die Hohepriesterin ihre Lider. "Doch ich hoffe, dass du bei deinen magischen Fähigkeiten ebenso so schnell vorankommst, wie bei der Schwertkunst, da du sie noch nie angewendet hast...oder?"

"Niemals", antwortete ich, aber ich schämte mich für diese Antwort. Glaubte Lady Morgause wirklich, ich hätte Kräfte, wie eine ausgebildete Orakelpriesterin, obwohl ich keine Ahnung hatte, was für Fähigkeiten dies sind? Für einen Augenblick fiel mir der Moment in der Ratshalle ein, wo ich den, nun entflohenen, Römer gesehen hatte und in seine Vergangenheit blicken durfte. Schon öffnete ich meinen Mund, um es ihr zu erzählen, aber sogleich schloss ich ihn wieder.

"Das ist eigentlich unwichtig", versuchte mich meine Lehrmeisterin aufzumuntern, doch ich nickte bloß. "Folge mir"

Ich hörte das Knarren des Stuhles auf dem Boden, als Lady Morgause sich erhob und ich tat es ihr gleich. Sie führte mich durch einige Gänge hinaus in den Innenhof, auf dem ich auch am vorigen Tag kämpfen geübt hatte. Jedoch beobachtete ich heute nicht einzig und allein Gordic, sondern betrachtete diesen zweiten Innenhof genauer. In einer Ecke stand ein steinerner Brunnen, der Boden war mit einem kurzen Gras bedeckt und in der Mitte der Hofes entdeckte ich einen großen Tisch...nein, eine Art Altar, auf ihm fünf Kerzen. Eine in rot, eine in blau, die dritte in grün und die vierte in gelb. Die letzte Kerze war silbern und als wir näher herantraten endeckte ich, dass auf ihr die Darstellung von Lîvstein war - ein rautenförmiger Kristall.

"Magie...wie oft habe ich dir erzählt, dass wir alle hier nur die Magie nutzen, während du Magie bist?", fragte die Hohepriesterin mich, doch sie erwartete keine Antwort und fuhr sogleich fort:"Es ist eine große Ehre, die Bewahrerin Lîvsteins zu sein oder, wie die Großen Vier, zu den Elementen selbst zu gehören, aber auch Rowena, Helga, Godric und Salazar nutzen die Magie nur mit ihren..." Verächtlich, aber kaum vernehmbar, schnaltze Lady Morgause mit der Zunge, "...Zauberstäben. Nun, wie dem auch sein, die Großen Vier werden nicht umsonst als mächtig bezeichnet, denn sie sind es auch, aber nichts übertrifft, sein gar nichts, kann die Magie der Göttin selbst übertreffen. Man könnte behaupten, sie hätte dir ihre Kräfte geliehen, damit du Lîvstein retten kannst, verstehst du?"

Heftigst nickte ich und starrte weiterhin gebannt auf sie.

"Dann ist das gut. Schließ doch bitte die Augen, Sabanzia und befreie dich von deinen Gedanken, Gefühle, deinem ganzes Sein. Sei der Kelch, in den die Magie hineinfließen kann..."

Ich tat, was sie befahl und lauschte ihrer angenehm klingenden Stimme, aber ich wusste nicht, wie ich mich von mir lösen konnte, doch ich versuchte es. Langsam spürte ich es. Wie ein leichter Regen, eine kühle Brise, eine angenehme Flamme, wie Gras, welches meine Beine streift...Magie strömte durch meinen Körper, ich spürte die vier Elemente, wie sie mich erfüllten von meinen Füßen bis zu den Fingerspitzen.

"Atme ruhig weiter und halte die Augen weiterhin geschlossen. Konzentriere dich auf das Element, welches dir am nächsten ist...atme...atme"

Von überall hörte ich die Stimme der Hoheprieserin. Sie war ein leises Flüstern an meinem Ohr, aber auch ein ein hallender Ruf in einem riesigen Raum, wie in der Ratshalle, und immer wieder hörte ich sie sprechen:"Atme..."

Nun fühlte ich einzig und allein das Feuer in mir brennen und Erinnerungen stiegen in mir hoch...Godric...er war das Feuer, ist das Feuer, wird für Ewigkeiten Feuer sein. Meine Haut schmerzte förmlich, ich spürte die Flammen an meinen Armen und Beinen, wie sie immer höher stiegen...dann war es weg.

Salazar ist vor meinem geistigen Auge aufgetaucht, wie er mit einer Bewegung seines Zauberstabes einen leichten Regen beschwor, der sich im selben Moment über mich zu ergießen schien und meinen Körper kühl werden ließ. Zu kühl.

Plötzlich sah ich Rowena und sie sah so genervt aus wie immer, doch trotzdem winkte sie mit rollenden Augen mit ihrem magischen Stab, dass sogleich ein Windhauch erschien und mich unwehte. Die letzte der Großen Vier erblickte ich mit geschlossen Augen, Helga, wie sie freundlich lächelnd mit dem Kopf mir zunickte. Ihre Kräfte waren kaum mit jenen der anderne drei zu vergleichen, denn der Boden begann unter meinen Füßen zu beben, sich in zwei zu teilen, mich in die Tiefe zu reissen und erschrocken riss ich die Augen auf.

Kurz darauf erschien das Bild der jungen Römers, Gaius, welchen ich begnadigt hatte, und dann erstreckte sich vor mir eine unendliche Schwärze...

 

Kapitel XIII

"Sie ist ohnmächtig geworden?", drängte sich eine laute Stimme an mein Ohr und nach einigen Herzschlägen ertönte ein schrilles Lachen, "Das ist mir aber noch nie bei einer Übung passiert..."

"Ja, Rowena, denn du verwendest auch einen Zauberstab und ich weiß nicht, was man bei so einem Holzstück falsch machen kann, obwohl ich mir vorstellen kann, dass du ihn an der falschen Seite nehmen würdest, so dass der Zauber dich trifft und nicht den Gegener..."

Noch ein Lachen, diesmal waren es zwei Stimmen, beide tief, die eine war jene meines Bruders, die andere von...Godric?

Einige Male blintzelte ich und erkannte schemenhafte Umrisse um mich herum von etwa fünf oder sechs Menschen. Mein Kopf schmerzte, die Sonne strahlte mir unbarmherzig hell auf mein Gesicht und nach einigen weiteren Lidschlägen erkannte ich die Großen Vier, sowie Lady Morgause und Vaalin um mich herum stehen. Am Boden des Innenhofes lag ich, scheinbar war ich nur einen kurzen Moment bewusstlos gewesen, aber lang genug, dass sich Menschen um mich sammeln konnten. Als ich mich umsah entdeckte ich auch einige Diener, Druiden und Priesterinnen, die verstohlen aus den Fenstern in den kleinen Hof starren. Innelich grinste ich in mich hinein, denn wahrscheinlich besaßen diese einen so großen Respekt vor der Hohepriesterin, dass sie es nicht wagten näher zu treten.

Ein leichtes Pochen in meiem Kopf erinnerte mich an meinen Schmerz, welcher sich nun immer weiter durch meinen Körper floss, wie eine kleine Quelle, die begehrte immer mehr Platz für sich zu beanspruchen. Und diese kleine Quelle wurde in kürzester Zeit zu einem riesigen Fluss.

"Seht, Lady Sabanzia wacht auf!", rief Vaalin und blickte mich mit ihren verschiedenfarbigen Augen erleichtert an, "Kommt, ich bringe Euch in Euer Gemacht, wo Ihr Euch ausruhen..."

"Das kommt gar nicht in Frage!", sprach die Obere Priesterin und sogleich setzte ich mich auf, mit den Hände abstützend, da mein Körper mir ungewöhnlich schwer vorkam.

"Lady Morgause...", begann ich mit schwerer Stimme, doch als ich Rowenas verächtlichen Blick sah, stand ich langsam auf, obwohl ich fühlte, wie ich mich leicht vor Schwindel hin und her bewegte, "Dürfte ich wissen, weshalb? Ich denken zwar nicht, dass ich Kräfte sammeln muss, aber ich würde gerne von Euch hören, wieso Ihr gegen Vaalins Vorschlag seid"

Vor meinem offenen Augen flimmerten schwarze Punkte bedrohlich, so schloss ich sie einge Herzschläge lang, jedoch ließ es mein Stolz nicht zu, dass ich Schwäche zeigte.

"Wir dürfen keine Zeit verlieren, Svenja!", erwiderte Lady Morgause,"Kannst du dich nicht an dein letztes Bild in deinem Kopf erinnern, bevor dich die Schwärze verschluckte? Dies eine Bild des Römers, Gaius Lucius Conservarus ist sein Name"

Natürlich erinnerte ich mich. Gaius pretschte auf seinem Pferd, den Kopf tief in der dunklen Mähne des Rappen versunken, in Richtung der Berggipfels, auf welchem ein römisches Lager aufgeschlagen war. Der Schweiß rann ihm in Strömen über die Stirn, sein dunkelbraunes Haar war vor Nässe verklebt und aus dem Maul seines Pferdes tropfte Schaum. Es schien erschöpft von einem langen Ritt zu sein, denn sein Fell war ebenfalls schweißdurchtränkt. Gaius dagen zeigte keine Müdigkeit, seine grauen Augen funkelten, seine Lippen bebten, doch ein Grinsen war zu erkennen. Herausfordernd, mit höhnischem Gesichtsausdruck, ritt er mit dem Sonnenuntergang um die Wette, so schien es jedenfalls auszusehen. Der Vollmond war schon ein wenig zu erkennen. Ob er wohl vor der Nacht noch das Lager erreichen würde?

"Ja, ich erinnere mich", antwortete ich, aber im selben Moment wunderte ich mich, weshalb die Hohepriesterin es ebenfalls sehen konnte, "Doch weshalb ist dies von Wichtigkeit? Wieso konnte ich ihn überhaupt sehen?"

"Es verbindet euch beide mehr, als du dir vorstellen kannst", sagte die Obere Priesterin und blickte jeden einzelnen an, "Doch ich kann es dir nicht erklären, wenn so viele lauschende Ohren in unserer Nähe sind" Leicht schmunzelte sie, aber ihr Gesicht verfinstertete sich im nächsten Augenblick wieder. "Ich kenne die Gegend, in welche der Römer geritten ist. Es ist der Mons Occursi, jedoch in ferner Zukunf, denn der Mond in deiner Vision war voll, gestern war Neumond. An dem Tage, an welchem Gaius Lucius Conservarus geflohen ist, hätte er nie den Berg zu Vollmond erreichen können. Ihr, die Großen Vier und Sabanzia...ihr müsst ihn verflogen, finden und töten!"

Die Panik in Lady Morgauses Stimme war nicht zu überrhören, aber ich täte es fast, denn dieses seltsame Gefühl stieg in mir hoch, als sie die letzen Worte sprach. Verflogen, finden, töten...wieso?

Helga sprach meine stumme Frage aus. "Hohepriesterin, wir wollen Eurem Befehl folgen, jedoch erklärt uns, ich bitte Euch, wieso wir diesen einfachen Gefangenen in sein Grab befördern sollen"

"Er war kein einfacher Gefangener, er ist der zweite Bewahrer, der Conservarus, wie es im lateinischen heißt! Svenja, du hättest dein dunkles Gegenstück nie begnadigen sollen!"

Mein Atem ging schnell und sehr flach, das Blut pochten in meinen Ader, ich glaubte nicht, was ich getan habe. Ich wusste auch nicht, was mich damals dazu gebracht hatte, ihn nicht töten zu lassen. Es war so ein seltsames Gefühl, so als würde noch etwas wichtiges geschehen und dass er eine wichige Rolle in diesem Lebenstheater aus Gefahr spielen würde.

"Ihr brecht auf, sofort!", befahl Lady Morgause aufgebracht, "Ihr tötet diesen Römer, brecht nach Eriu auf und bringt Lîvstein wieder nach Avalon! Vaalin!"

Die junge Dienerin zuckte zusammen, als ihr Name gerufen wurde.

"Befiehl den Stallmeistern die Pferde zu satteln und sag den anderen Dienerinnen, sie sollen alles für die Abreise bereit machen! In spätestens einer Stunden sollt ihr auf dem Weg nach Erius sein!"

"Lady Morgause, Hohepriesterin!", warf ich ein, "Was wird aus meinen Kräften, den magischen, aber auch aus der Schwertkunst?"

"Das liegt nicht mehr in meiner Hand, Svenja. Du wirst sehen, die Magie wird kommen, wenn sie wirken soll"

So schritt die Obere Priesterin fort, gleich darauf die Großen Vier und Vaalin war schon lange auf ihrem Botengang. Ich blieb allein...ganz allein...

"Lady Sabanzia!"

"Was willst du denn noch?" Ich drehte mich um und blickte in das Gesicht meiner Dienerin. In ihren zarten Händen hielt sie ein kleines Fläschchen mit einer dunklen Flüssigkeit.

"Bevor Ihr reitet, möchte ich Euch dies hier geben", sprach Vaalin flüsternd und reichte mir das Gefäß, "Ich weiß, dass Sir Godric und Ihr...nun...euch sehr nahe steht und...für den Fall der Fälle...es ist, damit ihr nicht...von der Göttin mit einem Kind beschenkt werdet..."

"Oh...", erwiderte ich ein wenig überrascht, "Ich danke dir dafür..."

Langsam ließ ich das Fläschchen in die Satteltasche meiner schwarz-weiß gescheckten Stute gleiten. Das Tier stampfte mit seinen kaum erkennbaren Hufen, da es viel Fesselbehang besaß und auch die zweifarbige Mähne und der Schweif waren ungewöhnlich lang. Überhaupt verwunderte es mich, dass es in Avalon Pferde gab, da man wohl in der Burg kaum Pferde brauchte. Wahrhaftig gab es in Avalon nur sechs Ponys, die wirklich zur Burg gehörten, jedoch waren zwei der wenigen Tiere mit einigen Druiden unterwegs und so durfte ich auf einem richtigen, großen Pferd aus dem Norden reiten, welches ein Reisender entbehren konnte, während die anderen sich mit den kleinen, rundlichen Bergponys mit den aufmerksamen Augen und den breiten Nüstern begnügen mussten.

"Du wirst mir fehlen, Vaalin", gestand ich und umarmte die junge Dienerin kurz, deren Augen glasig wurden, nachdem ich sie losließ. Nickend biss sie sich auf die Lippe, dann ging sie fort.

"Na, meine liebe Schwester, bist du bereit?"

Ich zuckte zusammen, als Salazar nach mir rief und langsam wendete ich mich zu ihm.

"Bist du denn bereit?", antwortete ich mit einer Gegenfrage und zwang mich zu einem gequäten Lächeln, dass scheinbar den geringen Ansprüchen meines grinsenden Bruders genügte.

"Natürlich! Wie ich sehen, freust du dich schon auf den Ritt, auch wenn wir ein eher ungewöhnliches Ziel haben", sagte er und klopfte seinem braunen Pony auf dem Hals, dann siteg er auf. In einiger Entfernung konnte ich sehen, wie Helga und Rowena es ihm gleich taten, die beide, im Gegensatz zu meinem Bruder, Godric, der eben vor den Toren Avalons, wo wir standen, erschien, und mir, keine Lederrüstung trugen, sondern einfache Kleider. Es überraschte mich ein wenig, wieso ich kämpfen sollte und diese beiden nicht. Seuftzend stieg ich auch auf meine Stute.

"Ah...sehr schön!", rief eine, mir fremde, Stimme mit einem deutlichen Akzent, "Alle sind da, na dann können wir aufbrechen..."

Ein Knabe, so dachte ich im ersten Moment, mit abstehendem, rotblonden Haar trat aus der Burg heraus. Erst als ich seinen spärlichen Bartwuchs erkannte, wusste ich, dass er nur einige Jahre jünger als ich sein konnte, so zierlich war seine Gestalt. Der Jüngling besaß eine Adlernase, fast so groß wie die von Merlin, und hellgrüne Augen.

"Mein Name ist Ravin va Lagar, Gesander aus Eriu und meine Aufgabe ist es, euch, edle Großen Vier und holde Bewahrerin, in mein Heimatland zu führen", stellte er sich vor und verbeugte sich tief. Als Ravin, wie der junge Mann hieß, sich erhob, zwinkerte er allen mit einem Grinsen zu, aber sein Blick blieb an mir hängen, "Und das Ross, auf dem Ihr, Schwester des Wassers, reitet, gehört mir"

Erst jetzt erkannte ich, dass er einen geschekten Hengst an den Zügeln hinter sich führte.

"Der Name der Stute ist übrigens Aoibheann, was 'Schöner Schein' in meiner Sprache heißt, aber sie hört eigentlich nur auf 'Ann' ", erklärte Ravin abermals grinsend und stieg auf sein Pferd auf, was auf irgendeine Weise lächelich aussah, das wohl an seinem kindlichen Körper und dem riesigen Reittier lag, "Worauf warten wir eigentlich noch? Los!"

Schon stieß der knabenhafte Irländer die Fersen in die Seiten des Hengstes, doch dann wandte ich meinen Blick von Ravin va Lagar ab und ich sah sehnsuchtsvoll auf die Burg zurück, die vier hohen Türme, welche in den Himmer zu ragen schienen und im abendlichen Schein der Sonne immer noch hell strahlten.

Als ich so auf Avalon blickte, wusste ich noch nicht, dass dies das letzte Mal sein würde, dass ich die Burg sah...

 

Kapitel XIV

Wir ritten am Tage durch Wälder und Täler, bei Nacht rasteten wir auf dünnen Blättermatten unter freiem Himmel. Schon fast eine Woche waren wir unterwegs und als ich an diesem Abend von Ann herunterstieg, um die Matte unter einem der zahlreichen Laubbäume in diesem Wald auszubreiten, fühlte ich etwas kaltes, spitzes an meiner Hals. Leicht verängstigt blickte ich mich um. Die anderen waren nicht hier, denn Helga, Rowena, Godric und mein Bruder sind mit ihren Pferden fortgegangen, um zu üben, so jedenfalls hatte sich Salazar ausgedrückt, Ravin war weitergeritten, damit der die Gegend auskundschaften konnte und sich sicher war, dass keine Räuber oder ähnliches in der Nähe war. Doch scheinbar drückte mir gerade ein solcher Räuber den Dolch an die Kehle. Meine Hand führte ich unaufällig zu dem Gurt, an welchem mein Schwert, Victoria, baumelte.

"Denk nich' mal daran", flüsterte eine raue Stimme mir in mein Ohr und ich fühlte, wie mir jemand grob die Arme mit einem rauen Seil zusammenband. Scharf sog ich Luft ein und begann mir einen Plan zu überlegen. Irgendetwas, irgendetwas sollte ich doch machen können.

"Und? Was mach' ma jetzt mit ihr?", fragte eine zweite Stimme und der Mann, der mir die Klinge gegen den Hals drückte, drehte mich zu ihm hin.

Mich grinsten mit aufgerissenen Mündern und gelben Zähnen drei bärtige Männer an, deren Gesichter so faltig und alt waren, dass sie aussahen, wie gegerbtes Leder. Ein übler Gestank von schlechtem Bier und Schweiß schlug mir entgegen und ich konnte fast fühlen, wie mich ihre Blicke abtasteten.

"Eine Gör' in Rüstung!", lachte der Dickste der drei grunzend auf.

"Hüte deine Zunge, Räuber, denn du scheint nicht zu wissen, wen du hier verspottest", drohte ich ihm und ich hoffte, dass meine Stimme stark und kühl klang, obwohl ich glaubte, dass mir das Herz in den nächsten Lidschlägen aus dem Leibe springen würde.

"Schaut, schaut, sie redet wie die Königin", grinste der Mann, welcher den Dolch in der Hand hielt, "Vielleicht is' sie ja 'ne Priesterin...das würde noch mehr Spaß machen sie zu..."

"Vielleicht, dummer Tor", unterbrach ich ihn, "Vielleich bin ich wirklich eine Priesterin oder sogar eine der Großen Vier, die du wahrscheinlich kennst. Doch vielleicht bin ich auch die Bewahrerin Lîvsteins"

Höhnisch zog ich die Augenbrauen hoch und blickte jeden von ihnen an. Die drei Räuber lachten auf, aber ich nutzte diesen kurzen Augenblick um meine Kräfte zu sammeln.

Du wirst sehen, die Magie wird kommen, wenn sie wirken soll...

Dies hatte Lady Morgause gesagt und ich konnte nur auf ihre Worte vertrauen. So schloss ich die Augen und atmete ruhig ein...aus...ein...aus...Mein Herz raste, ich spürte, wie sich die vier Elemente in mir stauten...Erde...Luft...Wasser...und Feuer...Feuer...

"Magie", flüsterte ich so leise, dass kein Ton zu hören war und sich nur meine Lippen bewegten, "Magie, tu was du willst"

Die Leidenschaft zu Godric brannte in mir auf, ich spürte, wie sich die Flammen um mich herum meinen Körper leckten, doch sie fügten mir keinen Schmerz zu. Die Männer schrien angsterfüllt, ich öffnete die Augen und sah zwei von ihnen weglaufen, der dritte wältzte sich brennend auf dem Boden. Es war jener, der mir mit dem Dolch gedroht hatte.

"Verfluchte Hexe!", brüllte er mir so, während das Feuer ihn auffraß, bis nur mehr eine verkohlte Leiche zu erkennen war, doch ich kniff die Augen zu, damit ich seinen langsamen und grausamen Tod nicht sehen musste.

Als Flammen auch meine Fesseln an den Händen verbrannt haben, rannte ich auf meine Stute Ann zu und vergrub mein Gesicht in ihrer Mähne. Tränen rollten mir über die Wangen, denn ich wollte keinen Menschen mit meinen Kräften töten. Ich wollte mich nur gegen die Räuber wehren, aber doch nicht töten! Göttin, verzeihe mir für diese Tat! Warum beschenkst du mich mit einer solchen Magie, wenn es bei mir zum Tod führt?! Was velangst du von mir, damit ich dir gerecht dienen kann?

"Hörtst du nicht, wie ich rufe, Göttin!", schrie ich schluchzend auf und warf mich zitternd auf die Knie, denn meine Beine konnten meinen zitternden Körper nicht mehr halten, "Antworte mir!"

"Sie antwortet nie", flüsterte jemand hinter mir und ich drehte meinen Kopf hastig zurück.

Schnell wischte ich mit meiner Hand über die verweinten Augen und erblickte die Gestalt des Irländers, der nun näher zu mir trat und traurig lächelte. Abwesend strich Ravin über Anns Fell, dann sah er wieder mich an und kniete sich neben mich in das Gras. Er stellte keine Fragen, er legte nur seinen zierlichen Arm um mich und als ich etwas sagen wollte, schüttelte er leicht den Kopf. Gleich darauf begann mich hin und her zu wiegen, wie ein kleines Kind, welches ich, so wie es mir vorkam, im Augenblick war und ich drückte mich, von einem Weinkrampf geschüttet, an ihn. Ravin sorgte sich um mich, als wäre er mein Bruder und plötzlich keimte in mir ein Funken Hass auf, da Salazar sich nur um sich selbst gekümmert hatte und mich immer mit meinen Problemen allein gelassen hatte.

"Was du auch passiert ist", flüsterte Ravin und fuhr mir vorsichtig über mein Haar, "Es kann bestimmt nicht noch schlimmer werden"

Ein leises Lachen entfuhr mir. "Hinter uns liegt ein verkohlter Toter...das Schlimmste, was passieren könnte, wäre, dass jetzt seine Freunde und angreifen würden und sie uns gnadenlos im Hinterhalt ermorden"

"Das habe ich ja gänzlich vergessen!", rief Ravin erschrocken und stand auf, wobei er mich auch in die Höhe zog, "Das Räuberlager! Auf meinem Streifzug habe ich ein Räuberlager entdeckt und die Leiche...nun, der Mann der er einmal war, gehörte sicher zu ihnen. Hätte ich sie schätzen müssen, sie wären bestimmt über 150 Männer gewesen, die Frauen und Kinder außer Acht gelassen. Los, steig auf! Wir müssen sofort die anderen suchen und weiterreiten, bevor sie uns noch gefangen nehmen können!"

Wie starr stand ich da und lauschte seinen Worten, doch sogleich ergriff mich eine solche Panik, dass ich auch Anns Rücken sprang, der Stute meine Fersen in den Bauch stieß und neben Ravin durch den Wald zu pretschen begann.

"Woher weißt du eigentlich, wo die Vier sind?", fragte ich reitend und blickte in sein angespanntes Gesicht, das plötzlich um so viele Jahre älter zu sein schien.

"Salazar hatte mir erklärt, dass sich weiter nördlich eine Quelle befindet und dass ich ihn und die anderen dort suchen soll, falls etwas passiert", antwortete mir Ravin und der Funken Hass auf meinen Bruder verwandelte sich langsam in eine lodernden Flamme, da er mehr Vertrauen gegenüber einem Menschen hatte, den er erst seit einer Woche kannte, als bei seiner eigenen Schwester, "Nun, jetzt suchen wir eben diese Quelle..."

Es dauerte nicht sehr lange, als wir schon die weidenden oder aus dem kleinen Bach trinkenden Ponys der Vier, allesamt mit den Zügeln an Ästen festgebungen, damit sie nicht weglaufen konnten, doch von Godric, Helga, Rowena und meinem verdammten Bruder keine Spur. Ich blickte zu Ravin hinüber, aber er legte nur seinen Finger auf die Lippen und deutete mit einer Geste ihm zu folgen, was ich auch tat. Leise führe ich Ann langsam entlang des kleinen Baches, trotzdem klang jeder ihrer Schritte auf dem raschelnden Laub ungewöhnlich laut.

"Wo glaubst du sind sie?", fragte ich Ravin flüsternd als wir an der Quelle ankamen, doch er zuckte nur stirnrunzelnd mit den Schultern.

"Weit können sie nicht sein...aber sieh da, Sabanzia!" Er deutete auf das schlammige Ufer, wo deutlich Pferdehufen und Schritte zu sehen waren, die auf einen Kampf hindeuteten. "Die Spuren sind noch nicht mit Wasser gefüllt, dass bei dem Bach eigentlich schnell geschehen sollte, deshalb müssen sie noch ganz frisch sein"

"Ravin?", sagte ich mit zittriger Stimme, denn meine Lippen bebten vor Furcht, "Denkst du, die Räuber haben sie?"

"Du sprichts meine schlimmste Vermutung aus...", seuftze der Irländer und sein ernster Gesicht ließ ihn abermals sehr erwachsen wirken, so als hätte er in seinem Leben schon viele schlimme Dinge erlebt, bloß überspielte er sie mit seiner kindlichen Fröhlichkeit, "Komm, wir werden zum Lager reiten und sie wohl oder übel befreien müssen"

"Ach Ravin", lächelte ich matt, "Es kann bestimmt nicht noch schlimmer werden"

 

Kapitel XV

"Wundervolle Idee...einfach großartig", murmelte ich bitter vor mich hin und rieb mir abwesend über meine leicht blutende Wunde auf dem Knie.

"Woher sollte ich wissen, dass sie dich gleich einsperren werden und mich noch gleich dazu?!", rief Ravin aufgebracht, während er wütend gegen die hölzernen Stäbe unseres Gefängnisses - oder Käfigs, wie es mir vorkam - mit seinen Fäusten eingschlug, das einer Tierfalle ähnelte. Die Holzstangen waren zu einem großen Quadrat in den Boden geschlagen worden und über ihnen trohnte festgenagelt eine große Platte, ebenfalls aus Holz geschitzt, welche so niedrig war, dass ich bloß geduckt stehen konnte. Hinein konnte man nur durch eine Klappe an der Decke, die aber im Augenblick von einem rostigen Schloss der Räuber verschlossen war.

Diese Barbaren haben uns schon bei der Quelle aus dem Hinterhalt angegriffen und überwältigt, danach unsere Waffen zu sich genommen und uns in ihr Lager gebracht. Es war wirklich so riesig, wie Ravin es beschrieben hatte. Mehrere hundert Zelte waren auf einer Lichtung aufgeschlagen, die über den Horizont hinaus zu ragen schienen und ich wunderte mich, wie so viele Verbrecher in einem ungeschützen Wald leben konnten. Erst später, als uns die Räuber durch die Zeltenreihen schleppten, entdeckte ich in einiger Entfernung Wachhäuser, in den höchsten Baumgipfeln versteckt , von welchen man vermutlich das fruchtbare Tal beobachten konnte. Die gefängnisartigen Käfige waren in der Mitte des Lagers, damit die eingesperrten Menschen, wie Ravin und ich oder besser gesagt: nur Ravin und ich, da es keine anderen Gefangenen gab, nicht einfach entfliehen konnten. Rund um die Gefängnisse herum waren auch kaum Zelte, nur einge besonders große und geschmückte, wo anscheinden die Anführer hausten.

Ich wusste nicht, wie lange wir hier schon eingesperrt waren, doch als es Abend wurde, öffnete sich die Klappe geräuschvoll über uns, so dass das Holzdach erzitterte, und ein Räuber steckte sein bärtiges Gesicht in den Käfig.

"Raus mit euch!", schnautze er einen Befehl an uns und ich kletterte ohne Hast und Eile, ohne den Bärtigen aus den Augen zu lassen, durch die Falltüre. Als aber Ravin seinen rot-blonden Schopf verunsichert erscheinen ließ, schlug ihm der Räuber hart gegen die Schläfe und lachte amüsiert auf, da Ravin nun ein wenig taumelnd aus dem Käfig hinauskletterte. Meine Hand glitt hastig zu der Stelle an dem Gürtel, an welcher üblicher Weise Victoria baumelte, doch da sich die Räuber meiner Waffen eigen machten, konnte ich mich nun nicht wehren. Genervt schnaubte ich und stütze dann Ravin, der gleich darauf grob von mir weggeschubst wurde, das Gesicht vor Schmerz verzerrte, aber seine schmalen Lippen fest gegeneinander presste, um keinen Ton von sich zu geben. Scheinbar wagte es der Räuber nicht, mich anzufassen, dafür demütigte er den Irländer um so mehr, doch auch ich tat es Ravin gleich und sprach kein Wort, damit der Barbar glaubte, es sei keine wahre Schmach für uns. In Wirklichkeit jedoch kochte erzürt in mir das Blut, mein Atem ging schnell und flach und um nicht ängstlich zu wirken, zwang ich meine Atemzüge langsamer zu werden, während wir den kurzen Weg von dem Käfiggefängniss in das Größte der reich geschmückten Zelte zu gehen gezwungen wurden.

"Rein da!", brummte der Räuber und wir taten, wie geheißen.

Das Zelt bestand aus mit Bronzornamenten verzierten dunkelbrauem, dicken Stoff, den ich mit einer Hand etwas zur Seite schob, um einzutreten. Meine Augen wanderten neugierig durch den großen Raum und ich versuchte jede Ecke des Zeltes zu erhaschen. Auf dem Boden war plattgedrücktes Gras, welches jedoch zum größten Teil aus runden braunen oder roten Teppichen bedeckt war. Gegenüber dem Eingang stand ein hoher, aus dunklem Holz gearbeiteter Lehnstuhl und die feinen Schitzereinen, die Hirsche mit mächtigen Geweihen und Einhörner im Wald darstellen sollten, deuteten darauf hin, dass der Mann, welcher auf dem Stuhl saß, sehr reich war, was auch sein Anglitz, in welches in nun blickte, bestätigte. Es war vielleicht der fehlende Bart, der ihm einen gepflegten Ausdruck verlieh oder möglicherweise das so strege Gesicht mit den deutlichen Zügen von Alter und Weisheit. Auf jeden Fall spürte ich die Ausstrahlung des Mannes, welche wie schwüle Luft in Raum hing, doch ich wusste nicht, wie es sich durch bloße Anwesenheit eine solche Autorität beschaffen konnte.

Der Anführer der Räuber stand von seinem verzierten Lehnstuhl auf, stolzierte einige Zeit lang durch das Zelt und ging dabei auch um Ravin und mich herum. Erst jetzt bemerkte ich, dass sein dunkelbraunes Haar, von vielen weißen Strähnen durchzogen, im Nacken zu einem langen Zopf zusammengebunden war und bis zur Mitte seines Rückens baumelte. Ein schmaler Bronzereif trohnte auf seiner Stirn, seinen Schläfen und verschwand in dem dunklen Haar. Ein weiteres Zeichen von seinem hohen Rang, so überlegte ich.

"Mein Name", begann der Mann mit strenger Stimme zu erklären, als er sich wieder auf seinen trohnähnlichen Stuhl setzte, aber der ungewöhnliche Akzent war nicht zu überhören, "ist Theodoric, mehr bracht ihr im Augenblick nicht zu wissen. Nun jedoch würde ich gerne eure Namen erfahren"

"Ihr seid Germane?", fragte ich stirnrunzelnd, aber plötzlich war ich selbst über meine eigene Frage verwundert. "Herr?", fügte ich nach einem Augenblick hastig hinzu.

"Weshalb glaubt Ihr dies, Lady...?", erwiderte der Anführer, der sich uns als Theodoric vorgestellt hatte und trotz unserer Standes als Gefangene, so dachte ich, höflich behandelte, und ein Anflug von Interesse war auf seinem Gesicht zu erkennen.

"Sabanzia", sagte ich mit einem Kopfnicken, als angedeutete Verbeugung und lächelte leicht, "Sabanzia Slytherin und dies ist Ravin va Lagar, Gesandert auch Eriu, wir waren auch auf dem Weg dort hin, bis wir vier unserer Gefährten..." Kurz hielt ich inne und überlegte was nun mit Godirc, Salazar, Helga und Rowena geschehen sein könnte. Eigentlich nahm ich an, dass sie von den Räubern entführt worden seien, jedoch waren sie in keinem der Käfiggefängnisse. "...verschwunden sind. Ihre Spur führte uns zu Eurem Lager, Herr. Könnt Ihr uns vielleicht Auskunft geben? Möglicherweise auch darüber, weshalb Ihr uns gefangen habt?"

Theodoric lachte, scheinbar amüsiert, auf und ich blickte kurz zu Ravin, der sehr bleich und schwach aussah.

"Ravin", flüsterte ich ihm zu, "Was zum...?"

Aber er schüttelte kaum merklich den Kopf und deutet mit seinem Kinn auf den Anführer.

"Meine Männer nehmen alle fest, welche sich in der Nähe unseres Lagers unerlaubt herumtreiben, Lady Sabanzia. Entschuldigt, aber so müssen wir handeln, um zu erkennen, ob es Feinde oder Freude sind und ihr beide seid eindeutig letzteres", sagte Theodoric, nun wieder mit strengem Gesichtsausdruck und schon wollte ich fragen, weshalb er dies annahm, doch ich hatte keine Gelegenheit dazu, da er weitersprach, "Ihr sagtet, Euch fehlen vier Gefährten?"

Ich bejahte schnell mit einer Geste. "Salazar Slytherin, mein Zwillingsbruder, Helga Hufflepuff, Rowena Ravenclaw und Godric Gryffindor"

"Ich werdet Euch freuen, Lady Sabanzia, denn sie sind hier bei uns", lächelte mir Theodoric zu, dann befahl er dem Räuber, der uns hergebracht hatte und immer noch vor der Türe stand:"Hol' sie!"

Neben mir sog Ravin scharf Luft ein, aber ich sah ihn erst an, als er etwas Unverstängliches leise zu murmeln begann.

"Verfluchter...Gespaltene Zunge...Parselmund", verstand ich, doch er verstumme sogleich, als nach einigen Lidschlägen, die Großen Vier eintraten und so machte ich mir keine Gedanken über Ravins unvernehmbare Worte.

"Godric!", rief ich erfreut auf, nachdem ich mich umgedreht hatte und in das grinsende Gesicht meines Liebhabers blickte, dann ging ich lächelnd auf ihn zu und umarmte ihn, "Was ist mit euch geschehen?"

"Das, liebste Sabanzia, werde ich dir beim Abendessen erzählen", erklärte Godric und sah zu Theodoric, der eine Geste machte, die bedeuten sollte, dass wir alle hinausgehen sollten, was wir auch taten.

"Beim Abendessen?", fragte ich, verwundert darüber, dass die Großen Vier wohl von Theodoric nicht als Gefangene behandelt wurden, so wie Ravin und ich es bis vor kurzem waren.

"Ja, beim Abendessen!", bestätigte Godric und deutete auf das riesige Lagerfeuer vor uns, welches noch vor einiger Zeit nicht so hell und hoch loderte, "Ich habe ein wenig nachgeholfen" Er zwinkerte vergnügt, setzte sich auf das trockene Gras und ich tat es ihm gleich, als ich hinter mir einen lauten Aufprall hörte. Hastig sprang ich auf und drehte mich um, doch ich blickte nur auf weit aufgerissene Augenpaare. Als ich meine Blick senkte und auf den Boden sah, verstand ich, weshalb sie so erschrocken waren.

 

Kapitel XVI

"Ravin!", rief ich entsetzt auf und schlug mir die Hand auf den Mund, "Göttin, nein!"

Der junge Ire lag auf dem Boden mit flachem Atem, ein Pfeil zwischen seinen Schultern, der, so hoffte ich, nicht sehr tief in seinem Oberkörper steckte. Der Angreifer muss also aus großer Entfernung geschossen haben, so überlegte ich und sofort suchten meine Augen die mächtigen Bäume des recht weit entferten Waldes ab. Mit jedem Lidschlag schlug mein Herz schneller und es drohte zu zerspringen, als ich eine grinsende Fratze mit einem Bogen in der Hand entdeckte. Anscheinend wartete er nur darauf, entdeckt zu werden und ich kam seinem Wunsch nach. Ja, am liebsten würde ich ihm von Hass erfüllt in diesem Augenblick Victoria in den Bauch rammen.

"Verflucht...", murmelte ich aufgebracht, da meine Hand sich wieder zu meinem Gürtel hinabbewegte, doch dort nicht meine Waffe hing. "Salazar! Gib mir dein Schwert!", wand ich mich zu meinem Bruder, der mir am nächsten stand, aber dieser hob ruhig die Augenbrauen und abermals loderte in mir die Wut wie ein Feuer in mir hoch.

"Gib mir einen Anlass...und ich werde es machen...", sagte Salazar ruhig und starrte nur gebannt auf mich, wie ich mir bebend auf meine Unterlippe biss.

"Ich habe den Angreifen entdeckt", erklärte ich hastig und mein Blick richtete sich zu den Bäumen. Er war immer noch hier, doch weshalb? Wieso flieht er nicht, wenn er noch kann? Ich konnte es mir nicht leisten in eine Falle gelockt zu werden und doch...ja doch wollte ich diesen Barbaren auf der Stelle Schmerzen bereiten. "Du hast mich kämpfen sehen, du weißt, ich bin gut genug, um einem einzelnen Mann das Leben zu nehmen!"

"Jedoch bezweifle ich, dass dort nur ein Mann sein wird. Du wirst in dein Unglück rennen", stellte mein Bruder tonlos fest. Weder Wut, noch Angst oder Mitgefühl schwangen in seiner Stimme mit.

"Und du bist ein Feigling, wenn du hier bleibst!", schrie ich ihn an und kam ihm immer näher, aber keine Regung war in Salazars Gesicht zu erkennen. Letztendlich zog ich sein Schwert aus der Lederhülle an seinem Gürtel und rannte, mein Ziel vor Augen, in Richtung Wald.

Ich blickte nicht zurück, als ich hastige Schritte hinter mir hörte, auch nicht, als Godric meinen Namen rief.

"Er ist noch hier...er kann noch nicht fort sein...", flüsterte ich immerzu laufend vor mich hin, doch mein Atem wurde mit jedem Schritt schwerer, da Salazars Waffe viel mehr zu wiegen schien als meine eigene.

Der Wald wurde immer dichter und meist versperrten mir viele Nadelbäume den Durchgang und die Sicht, so dass ich mit dem Schwert die Äste abhacken musste. Die Nadeln gruben sich tief in das Fleisch meiner Oberarme, aber trotzdem rannte ich unermüdlich weiter. Obwohl ich mich bloß auf mein Glück verlassen hatte, was den Weg betraf, und Ravins Angreifer doch einen mächtigen Vorspung hatte, entdeckte ich einen Bogenschützen belustigt grinsend und lässig in Mitten einer Lichtung stehend. Mit einer kurzen Handbewegung fuhr er sich durch die dunkelbraunen Haare und für einen Herzschlag trafen sich unsere Blicke. Diese quecksilberne Iris kam mir ungewöhnlich bekannt vor...Meine Augen weiteten sich vor Schreck und ich ließ ich gar Salazars Schwert fallen, als ich den Mann mit dem braungebrannten, südländischen Gesicht erkannte. Eine leichte Panik breitete sich in meinem Körper aus, doch auch ein ganz anderes Gefühl, welches ich nicht zuzuordenen wusste.

"Gaius...Lucius...Conservarus...", sprach ich meine Vermutung aus, während ich näher trat und er nickte, "Aber Ihr wart nicht der Bogenschütze, obwohl ich annehmen kann, dass ihr ein sehr guter seid" Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Römers, das er, wie ich nicht allzusehr erstaunt feststellte, von seinem Bartflaum befreit hatte, jedoch war ich über meine eigenen Worte überrascht. Weshalb nahm ich an, dass er gut mit dem Bogen umgehen könne? "Ihr seid ja...Befehlshaber, wenn ich mich nicht irre und da...werden solche Fähigkeiten, so glaube ich, benötigt"

"Ganz Recht, my Lady, aber ihr wisst es aus einem anderen Grund", erwiderte Gaius und fuhr sich mit der Hand über seine rechte Wange, wo eine frische Narbe zu erkennen war, "Erinnert Ihr Euch, Bewahrerin?"

"Die Wunde...ja...", sagte ich erstaut und drückte die Augenbrauen fest gegeneinander, so als würde ich mich an etwas längst Vergessenes erinnern, was ich...was ich wahrhaftig tat. Ich konnte Gaius Erinnerung sehen, aber es war nicht wie eine einfache Erinnerung, denn es kam mir vor, als hätte ich es selbst erlebt, "Ihr wurdet von einem Druiden angegriffen und gegen einen mächtigen Baum gestoßen...", sprach ich langsam, denn ich dachte angestrengst nach, "...der Himmel donnerte und binnen Sekunden erblickt Ihr den Blitz... keine Möglichkeit zu fliehen...wie durch ein Wunder geschieht Euch jedoch nicht...nur der Ast...der Ast, der auf Euer Gesicht fällt..."

"Uns verbindet vieles, nicht wahr, Lady Sabanzia? Ich könnte schwören, die Hohepriesterin hat Euch über mich aufgeklärt", sprach der Römer grinsend und trat näher, immer näher bis er kaum eine Handbreite von mir entfernt war. Vorischtig, nein, sogar zärtlich fuhr er mit einem seiner Finger über meine Wange, dort wo sich eigentlich seine Narbe befand. Es war angenehm seine weiche, warme Haut zu spüren und so schloss ich für einen Herzschlag die Augen, "Ich weiß es genau, Morgauses Stimme hallt in meinen Ohren wieder, Silbe für Silbe..."

Gaius' Finger glitt von meiner Wange hinab zu meinem Kinn, das er nun langsam hochhob, so dass ich abermals in seine silbernen Augen blickte. Ein Gefühl wie eine Hitzewelle durchfuhr meinen Körper, breitete sich überall aus, als er mich näher zu sich heranschob. Schon senkte ich meine Lider zum zweiten Male, um die Berührung zu genießen, als mich ein Ruf wieder in die Realität zurückbeförderte.

"Sabanzia!", druchbrach Godics Stimme die Stille und ich erkannte erst jetzt, dass ich fast den zweiten Bewahrer, mein dunkles Gegestück, wie Lady Morgause ihn nannte, geküsst hätte.

"Weshalb seid Ihr hier?!", fragte ich Gaius wütend, während ich mit jedem Wort weiter von ihm entfernte "Wolltet Ihr...wolltet Ihr mich zu Eurem Vergnügen verführen und dann...dann hinterhältig töten?!"

Doch der Römer lachte amüsiert auf. "Ganz im Gegenteil, ich wünschte mir nur Euch zu sehen"

"Weshalb habt Ihr dann Ravin angreiffen lassen?" Meine Brauen hoben sich und ich sah direkt in Gaius' Augen. Diese geheimnisvollen Augen, wie ein See, in welchem ich freiwillig ertrinken würde...Nein. Ich biss mir auf die Unterlippen, denn so durfte ich nicht denken.

"Um Eure Aufmerksamkeit auf einen Bogenschützen zu lenken, den ihr dann verflogt, um letztendlich mich zu entdecken", sagte Gaius leicht lächelnd.

"Ihr seid ein...ein Monstrum!", rief ich aufgebracht und spuckte ihm vor die Füße. Schon hatte ich Salazars Schwert wieder aufgehoben und wand mich zum Gehen, als Gaius mich am Unterarm festhielt. Laut atmete ich aus, drehte mich aber nicht zu ihm um und so beugte er sich zu mir hinab.

"Godric ist es nicht wert, um sich ihm hinzugeben", flüsterte er in mein Ohr, "Ich wollte nur, dass Ihr dies wisst"

Wut überkam mich und so riss ich mich vom Griff der Römers los, um mit einem lautem Schnauben von der Lichtung zu stolzieren.

Als ich mir sicher war, dass ich mich weit genug von Gaius entfernt hatte, ließ ich mich auf den Boden sinken und vergrub mein Gesicht in den Händen, wie vor nicht so langer Zeit getan hatte, da ich diesen Räuber getötet hatte. Damals hatte mich Ravin getröstet und nun steckte nur meinetwegen ein Pfeil in seinem Rücken. Fest kniff ich die Augen zusammen, damit ich die Tränen aus ihnen vertreiben konnte, danach richtete ich mich wieder auf und zwang mich weiter, immer weiter zurück ins Räuberlager zu gehen. Geisterabwesend starrte ich auf den Himmel, der bedrohlich dunkel mit dem hell strahlendem Mond als Zyklopenauge zurückstarrte, während ich durch den Wald marschierte und erst als mich etwas an der Schulter berührte, zuckte ich zusammen und erkannte, dass Godric neben mir stand.

"Da bist du ja!", rief er erstaunt und wartete anscheinend auf eine Antwort, jedoch schwieg ich. "Sabanzia, wieso erscheinst du mir so unglücklich, so...niedergeschlagen?", fuhr Godric fort, aber ich blieb weiterhin stumm. "Du hast ihn nicht mehr finden können, nicht wahr? Dafür kannst du doch nichts, es war einfach zu schnell verschwunden und außerdem kennst du dich in den Wäldern hier nicht aus"

"Wahrscheinlich lag es daran", log ich leise sprechend und so gingen wir gemächlich ins Lager zurück.

Als ich mich in einem Zelt auf eine der weichen Ledermatten legte und mit dem wärmenden Tierfell zudeckte, schweiften meine Gedanken zurück in den Wald, zurück zu Gaius.

Ich war irritiert über diese ungewöhnliche Verbundenheit, so fragte ich mich, ob er eben in diesem Augenblick wusste, was ich tat und eben diese Vorstellung brachte mich zum Schmunzeln. Schon im Ratsaal der Priesterinnen und Druiden konnte ich in seine Vergangenheit blicken und vielleicht wusster er auch über die meine Bescheid. Doch weshalb wollte er mich sehen? Wieso ließ er Ravin angreifen und nicht meinen Bruder oder Godric?

'Vielleicht', flüsterte eine Stimme in meinem Kopf, welche ich Gewissen nennen konnte, 'Vielleicht liegt dir an dem jungen Iren mehr als an deinem Liebhaber und deinem eigenen Bruder zusammen?'

Abermals war ich amüsiert, diesmal grinste ich breit, denn mein sprechendes Gewissen hatte Recht. Zu wissen, dass Ravin, schon verarztet und eingermaßen gestärkt in seinem Zelt schlief, stimmte mich fröhlicher als ich in den letzten Wochen es je war. Er war wie mein Bruder, ein Bruder, welchen man nicht mit dem grimmigen, unbarmherzigen und kalten Salazar vergleichen konnte.

Entspannt senkte ich die Lider und das lächelnde Gesicht Gaius' erschien vor meinem inneren Auge. So, als würde er mich sehen, lächelte ich zurück und schlief ein.

Wer weiß, vielleicht konnte er mich ja sogar sehen?

 

 


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